Die gleiche Ausstellung und doch ganz
anders. Neue Räume, eine passende Hängung und schon entsteht eine andere
Energie, die den "Zeitwenden" eine ungetrübte Startposition in Wien
einräumt.
"Zeitwenden" heißt ein großes Ausstellungsprojekt, das gleich an zwei
Orten gezeigt wird, dem Wiener Künstlerhaus und dem Museum des 20.
Jahrhunderts, dem "20er Haus".
Es geht dabei um die Frage, welche Perspektiven und Bildwelten Künstler
in Hinblick auf das kommende Jahrhundert entwickeln. Neben international
noch weniger bekannten Künstlern, bestreiten finden sich unter den
Teilnehmer zahlreiche etablierte Namen wie Gilbert und George, der
Amerikaner wie Mike Kelly oder Rebecca Horn.
Bonner Fehlstart
Die Riesenschau war neben der Kunsthalle Bonn und der Stiftung für
Kunst und Kultur in Bonn auch von zwei österreichischen Partnern
koproduziert worden: dem Künstlerhaus und dem Museum moderner Kunst
Stiftung Ludwig Wien. In Bonn war die Ausstellung ein finanzieller
Misserfolg. Wien hofft jetzt auf einen Neustart.
Und tatsächlich entstehen neue Spannungsverhältnisse, wenn etwa im
Eingangsbereich eine kleine Stoffigur auf Krücken von Louise Bourgeois
einem riesigen Bild von Gilbert&George gegenübersteht. Es erinnert in
seiner Symbolik an Popart und fasst alle Elemente des Kampfes und des
Glaubens zusammen, die das menschliche Leben im Laufe der letzten zwei
Jahrtausende bestimmten.
Das Ende der großen Erzählung
Die Ausstellung befragt Künstler und Künstlerinnen zwischen Hong Kong
und New York nach ihren Visionen und Obsessionen, Hoffnungen und Ängsten
anlässlich der Jahrtausendwende. Eine besondere Qualität dieser
"Zeitenwenden" besteht für Lorand Hegyi, den Direktor des Museums Moderner
Kunst, darin, dass die beteiligten Künstler und Künstlerinnen sehr
subjektive Stellungnahmen abgegeben und nicht allgemeine Positionen
referiert haben.
![Inez van Lamsweerde: Me Kissing Vinoodh. Passionately, 1999](00060617-Dateien/1-laamswerde.jpe) |
Inez van Lamsweerde: Me Kissing Vinoodh.
Passionately, 1999 |
Das Ende der großen Konzepte und Theorien, die die Ausstellungskultur
der 90er Jahre zunehmend beherrschten, macht sich hier bemerkbar. Auf
große Prophezeihungen zu verzichten, macht für Lorand Hegyi einen Teil der
Authentizität der Ausstellung aus.
Hier, wie auch auf der nächsten Documenta, wird nicht nur Kunst aus
westlichen Ländern gezeigt, sondern auch aus allen anderen Erdteilen. Es
ist der Versuch einer globalen Standortbestimmung von Kunst.
Geldsorgen
Die aufwendige Schau hat in Bonn statt der einkalkulierten 180.000
Kunstfreunde nur 80.000 anziehen können und damit ein Defizit von 1,8
Millionen Mark hinterlassen. Das hat sogar zur unglaublichen Idee geführt,
Kunstwerke zu verkaufen, um das Geldloch stopfen zu können. Davon wurde
jedoch wieder Abstand genommen.
Nun ist die Ausstellung in Wien und Lorand Hegyi hat keine Angst, dass
sich das finanzielle Fiasko in Wien wiederholen werde. "Wir haben ein
eigenes Budget für dieses Ausstellung und sind völlig unabhängig von der
Bonner Geschichte", so Hegyi.
Tipp:
Die Ausstellung "Zeitwenden" ist im Wiener Künstlerhaus und im 20er
Haus bis 1. Oktober zu sehen.
Link:
Museum moderner Kunst
Künstlerhaus