VN Sa, 24.11.2001

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Die größte Kulturbaustelle

Wiener Architekten Coop Himmelb(l)au auf Schweizer Expo

Biel (VN-ag) Wäre alles so gelaufen wie ursprünglich geplant, dann wäre die Schweizerische Landesausstellung Expo zum jetzigen Zeitpunkt bereits Geschichte. Doch Schwierigkeiten und der große Crash von 1999 ließen die Expo.01 kurzerhand zur Expo.02 mutieren, die nun am 15. Mai 2002 an den vier Standorten Biel, Murten, Neuenburg und Yverdon-les-Bains eroffnet werden soll.

Rund sechs Monate vor der Eröffnung präsentiert sich das 120.000 Quadratmeter große Ausstellungsgelände in Biel, die so genannte Arteplage (der eigens kreierte Begriff verweist auf die Bezugspunkte "Kunst" und "Strand"), als betriebsame Baustelle. Mit insgesamt elf Ausstellungen und einem Funpark ist Biel nicht nur die größte der vier Arteplages, sondern vielleicht auch die eindrücklichste, was sich (nicht ganz unbescheiden) im Motto "Macht und Freiheit" ausdrückt. Ergänzt und überragt, miteinander verbunden durch eine imposante Brücke, wird der landseitige Expopark vom so genannten Forum, einer Art schwimmender Piazza, die vom Architektentrio Coop Himmelb(l)au entworfen wurde und dem Ufer wie ein grau-silberner Flugzeugträger vorgelagert ist.

Biel zeigt Türme

Ebenso wie beim Wiener Gasometer haben die österreichischen Avantgarde-Architekten auch für das Bieler Forum dem Motiv des Turms, als Symbol für Macht und Freiheit schlechthin, gehuldigt. Über einem mächtigen und durch seine Konstruktion doch sehr leicht wirkenden Dach erheben sich drei fast vierzig Meter hohe Türme mit verschiedenen Nutzungen und Funktionen (einer davon ein Klangturm) über dem Wasser, die das Erscheinungsbild dieser Expo schon jetzt weithin sichtbar prägen.

Lichtkunst

Überzeichnet wird dieses bei Tag prägende Bild durch das nächtliche Beleuchtungskonzept des bretonischen Lichtkünstlers Yann Kersale, der den Türmen die dominante, aktive Rolle inmitten der ansonsten statischen Lichter zugesteht: "Sie allein werden aktiv sein: Sie werden ihre Lichtintensität laufend ändern, die an- und abschwellend ist, als würden sie atmen."

Geld und Wert

Vom Thema der Arteplage, "Macht und Freiheit", sind auch die Ausstellungen zu Land und auf dem Wasser inspiriert. Die erfreuliche Tatsache, dass es sich bei dieser Expo nicht um eine reine Produkteschau handelt, die getreu dem Motto "Größer, höher, weiter" die neuesten technischen Errungenschaften präsentiert, sorgt dafür, dass die Begegnung mit den Ausstellungen auf einer abstrakteren Ebene stattfinden wird. Freiheit und Fantasie, Macht und Geld, Verbindungen und Gegensätze zwischen Individuum und Gesellschaft sind nur ein paar von den angekundigten Themen der Ausstellungen.

Echte Goldschicht

Nebst dem Internet- und Ausstellungsprojekt "Cyberhelvetia", einer von Migros gesponserten Bahnfahrt durch die Klischees der Schweiz in "Strangers in Paradise", einem Flug übers Schlaraffen, (sprich: Schokolad-)Land nicht nur für Kinder, oder dem sinnigerweise von der Swisscom gesponserten Kommunikationsprojekt "Empire of Silence", macht aber jetzt schon ein Projekt mehr als alle anderen von sich reden: Im goldbarrenähnlichen Pavillon der ehrwürdigen Schweizerischen Nationalbank, überzogen mit einer "echten", wenn auch hunderstel Millimeter dünnen Goldschicht, befasst sich der Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann (wer sonst?) auf gewohnt hinterlistig-ironische und charmante Art mit dem Thema "Geld und Wert - Das letzte Tabu". Hier laden unter anderem einarmige Banditen zum Glucksspiel ein, aber auch Andy Warhols "Dollar Signs".

Für Diskussionen wird aber wohl die Geldvernichtungsmaschine, ein Roboter des kanadischen Künstlers Max Dean, sorgen. Tag für Tag, von Mai bis Oktober, wird der Roboter veritables Schweizer Notengeld verschreddern.

Wertlosigkeit des Geldes

Insgesamt zwischen 20 und 30 Millionen Franken, die Herrn und Frau Schweizer wohl sauer aufstoßen könnten, auch wenn Szeemann den Vorgang, der mit dem ausgedienten Geld sowieso stattfindet, nur öffentlich macht und dabei auch die "Wertlosigkeit" des Geldes (die Herstellungskosten belaufen sich pro Geldschein auf ca. 30 Rappen) aufzeigt.

"Coop Himmelb(l)au"-Türme im Computerbild. (Foto: Expo)

Die Expo.02 in der Schweiz

Ort: Die Expo.02 findet im Dreiseenland an vier verschiedenen Standorten statt: in den Schweizer Städten Biel, Murten, Neuch×tel und Yverdon-les-Bains. Eine fünfte Arteplage - so heißen die Ausstellungsgebiete - ist mobil und verkehrt als Schiff auf den Seen zwischen den vier festen Arteplages.

Dauer: 15. Mai bis 20. Oktober 2002

Öffnungszeiten Ausstellungen: jeden Tag von 9.30 Uhr bis 20 Uhr.

Öffnungszeiten Arteplages: Für die Exponights sind die Arteplages bis Mitternacht geöffnet, am Freitag und Samstag sogar bis 2 Uhr morgens.

Vorverkauf: bis 14. Mai 2002

Eingang Arteplage Biel: Auf einer Flaniermeile vom Bahnhof gelangen die Besucher nach 6-8 Minuten zu Fuss zur Arteplage. Der Eingang befindet sich auf der Rückseite des Schlosses Nidau.

Eingang Arteplage Murten: Das Ausstellungsgelände kann von allen Seiten her betreten werden, denn die ganze Altstadt wird zur Arteplage. Eingang Arteplage Neuch×tel: Der Eingang befindet sich im Quartier des Beaux-Arts nahe beim Seeufer, zwischen Uni und Place du Port. Seit Mai 2001 führt eine Metro namens Fun'ambule vom Bahnhof direkt ins Quartier.

Eingang ArteplageYverdon-les-Bains: Auf der Bahnhofstraße gelangen Fußgänger zum "Canal oriental". Dieser weist in Richtung See und damit zum Eingang

Internet: www.expo.02.ch

Schweiz stellt sich aus

Einmal pro Generation will sich die Schweiz eine Landesausstellung leisten - zuletzt 1964 in Lausanne. Seit Mitte der neunziger Jahre laufen im Auftrag des Bundes die Vorbereitungen für die nächste Expo im Jahre 2002. Erstmals ist nicht ein einziger Ort Austragungsstätte, sondern eine ganze Region: das Dreiseenland.

10 Millionen Besucher erwartet

Wie kein anderes Projekt bündelt die Expo.02 vielfältige Interessen und Kräfte in diesem Land. Architekten, Szenografen, Leute aus Kultur, Politik und Wirtschaft arbeiten gemeinsam, um die Landesausstellung zu Beginn des neuen Jahrtausends für die Besucherinnen und Besucher zu einem einzigartigen Erlebnis werden zu lassen. 4,8 Millionen Gäste und über 10 Millionen Eintritte werden erwartet.




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