Biel
(VN-ag) Wäre alles so gelaufen wie ursprünglich
geplant, dann wäre die Schweizerische Landesausstellung Expo zum
jetzigen Zeitpunkt bereits Geschichte. Doch Schwierigkeiten und der
große Crash von 1999 ließen die Expo.01 kurzerhand zur Expo.02
mutieren, die nun am 15. Mai 2002 an den vier Standorten Biel,
Murten, Neuenburg und Yverdon-les-Bains eroffnet werden soll.
Rund sechs Monate vor der Eröffnung präsentiert sich das
120.000 Quadratmeter große Ausstellungsgelände in Biel, die so
genannte Arteplage (der eigens kreierte Begriff verweist auf die
Bezugspunkte "Kunst" und "Strand"), als betriebsame Baustelle. Mit
insgesamt elf Ausstellungen und einem Funpark ist Biel nicht nur die
größte der vier Arteplages, sondern vielleicht auch die
eindrücklichste, was sich (nicht ganz unbescheiden) im Motto "Macht
und Freiheit" ausdrückt. Ergänzt und überragt, miteinander verbunden
durch eine imposante Brücke, wird der landseitige Expopark vom so
genannten Forum, einer Art schwimmender Piazza, die vom
Architektentrio Coop Himmelb(l)au entworfen wurde und dem Ufer wie
ein grau-silberner Flugzeugträger vorgelagert ist.
Biel zeigt Türme
Ebenso wie beim Wiener Gasometer haben die
österreichischen Avantgarde-Architekten auch für das Bieler Forum
dem Motiv des Turms, als Symbol für Macht und Freiheit schlechthin,
gehuldigt. Über einem mächtigen und durch seine Konstruktion doch
sehr leicht wirkenden Dach erheben sich drei fast vierzig Meter hohe
Türme mit verschiedenen Nutzungen und Funktionen (einer davon ein
Klangturm) über dem Wasser, die das Erscheinungsbild dieser Expo
schon jetzt weithin sichtbar prägen.
Lichtkunst
Überzeichnet wird dieses bei Tag prägende Bild durch das
nächtliche Beleuchtungskonzept des bretonischen Lichtkünstlers Yann
Kersale, der den Türmen die dominante, aktive Rolle inmitten der
ansonsten statischen Lichter zugesteht: "Sie allein werden aktiv
sein: Sie werden ihre Lichtintensität laufend ändern, die an- und
abschwellend ist, als würden sie atmen."
Geld und Wert
Vom Thema der Arteplage, "Macht und Freiheit", sind auch
die Ausstellungen zu Land und auf dem Wasser inspiriert. Die
erfreuliche Tatsache, dass es sich bei dieser Expo nicht um eine
reine Produkteschau handelt, die getreu dem Motto "Größer, höher,
weiter" die neuesten technischen Errungenschaften präsentiert, sorgt
dafür, dass die Begegnung mit den Ausstellungen auf einer
abstrakteren Ebene stattfinden wird. Freiheit und Fantasie, Macht
und Geld, Verbindungen und Gegensätze zwischen Individuum und
Gesellschaft sind nur ein paar von den angekundigten Themen der
Ausstellungen.
Echte Goldschicht
Nebst dem Internet- und Ausstellungsprojekt
"Cyberhelvetia", einer von Migros gesponserten Bahnfahrt durch die
Klischees der Schweiz in "Strangers in Paradise", einem Flug übers
Schlaraffen, (sprich: Schokolad-)Land nicht nur für Kinder, oder dem
sinnigerweise von der Swisscom gesponserten Kommunikationsprojekt
"Empire of Silence", macht aber jetzt schon ein Projekt mehr als
alle anderen von sich reden: Im goldbarrenähnlichen Pavillon der
ehrwürdigen Schweizerischen Nationalbank, überzogen mit einer
"echten", wenn auch hunderstel Millimeter dünnen Goldschicht,
befasst sich der Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann (wer
sonst?) auf gewohnt hinterlistig-ironische und charmante Art mit dem
Thema "Geld und Wert - Das letzte Tabu". Hier laden unter anderem
einarmige Banditen zum Glucksspiel ein, aber auch Andy Warhols
"Dollar Signs".
Für Diskussionen wird aber wohl die Geldvernichtungsmaschine, ein
Roboter des kanadischen Künstlers Max Dean, sorgen. Tag für Tag, von
Mai bis Oktober, wird der Roboter veritables Schweizer Notengeld
verschreddern.
Wertlosigkeit des Geldes
Insgesamt zwischen 20 und 30 Millionen Franken, die
Herrn und Frau Schweizer wohl sauer aufstoßen könnten, auch wenn
Szeemann den Vorgang, der mit dem ausgedienten Geld sowieso
stattfindet, nur öffentlich macht und dabei auch die "Wertlosigkeit"
des Geldes (die Herstellungskosten belaufen sich pro Geldschein auf
ca. 30 Rappen) aufzeigt.
"Coop Himmelb(l)au"-Türme im Computerbild.
(Foto: Expo)
Die Expo.02 in der Schweiz
Ort: Die Expo.02 findet im Dreiseenland an vier
verschiedenen Standorten statt: in den Schweizer Städten Biel,
Murten, Neuch×tel und Yverdon-les-Bains. Eine fünfte Arteplage - so
heißen die Ausstellungsgebiete - ist mobil und verkehrt als Schiff
auf den Seen zwischen den vier festen Arteplages.
Dauer: 15. Mai bis 20. Oktober 2002
Öffnungszeiten Ausstellungen: jeden Tag von 9.30
Uhr bis 20 Uhr.
Öffnungszeiten Arteplages: Für die Exponights
sind die Arteplages bis Mitternacht geöffnet, am Freitag und Samstag
sogar bis 2 Uhr morgens.
Vorverkauf: bis 14. Mai 2002
Eingang Arteplage Biel: Auf einer Flaniermeile
vom Bahnhof gelangen die Besucher nach 6-8 Minuten zu Fuss zur
Arteplage. Der Eingang befindet sich auf der Rückseite des Schlosses
Nidau.
Eingang Arteplage Murten: Das
Ausstellungsgelände kann von allen Seiten her betreten werden, denn
die ganze Altstadt wird zur Arteplage. Eingang Arteplage
Neuch×tel: Der Eingang befindet sich im Quartier des
Beaux-Arts nahe beim Seeufer, zwischen Uni und Place du Port. Seit
Mai 2001 führt eine Metro namens Fun'ambule vom Bahnhof direkt ins
Quartier.
Eingang ArteplageYverdon-les-Bains: Auf der
Bahnhofstraße gelangen Fußgänger zum "Canal oriental". Dieser weist
in Richtung See und damit zum Eingang
Internet: www.expo.02.ch