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KONFERENZEN: Letzter Themenkreis hinterfragte die Anforderungen an Museen und Vermittler

Auslaufmodelle der Kunstpräsentation

Ars Electronica 2001. Take Over. Tag sechs und somit Tag drei des Konferenzenblocks im Mittleren Saal des Linzer Brucknerhauses.

Harzig duftende Tiegel, stinkende Pigmentmischungen stehen vor dem Weißbärtigen, der Tag um Tag, Jahr für Jahr, penibel Farbschicht über Farbschicht auf Holz lasiert.

Wir schreiben die Jahre 1503-1506 und das entstehende Gemälde heißt "Mona Lisa". Kaum zu glauben: Aber was da vor 500 Jahren entstanden ist, können wir heute noch immer sehen. Im Louvre in Paris. Die Dame mit dem feinen Lächeln zählt zu den meistbesuchten Frauen der Weltgeschichte. So ein hohes Ranking können sich die Netzkunstwerke von heute in den Wind schreiben. Wie es möglich sein wird, die aktuelle digitale Kunst zu präsentieren und zu vermitteln, davon handelte die gestrige Ars-Konferenz zum Thema "The Undertakings of Art - who will survive?". Kurator Andreas Hirsch verwies auf die "Dematerialisierung künstlerischer Ergebnisse". Ja, wohin mit all den virtuellen Projekten, die in den Untiefen des "World Wide Web" herumirren?

Peter Noever, Leiter des Wr. Museums für Angewandte Kunst kritisierte die Erwartungshaltung, Kunst immer mehr in den Unterhaltungswert zu zwingen, und der Künstler und Pädagoge Karel Dudesek (Gründer der Kunstgruppe Minus Delta T) polemisierte über die Museen, denen anscheinend jene Durchlässigkeit fehlt, um sie auch für die neue Digitalgeneration attraktiv zu machen. Keine Frage, Museen haben angesichts der hier gezeigten Zukunftsmodelle anscheinend nur mehr den Status von Auslaufmodellen der Kunstpräsentation.

Den spannendsten Beitrag lieferte die Medien-Professorin Birgit Richard von der Goethe-Universität Frankfurt: Sie präsentierte neue Lehrmodelle, die auf jene Generation ausgerichtet sind, die "mit anderen Wahrnehmungsgeschwindigkeiten lebt, was nicht als Fehlbildung sondern als weitergebildet akzeptiert werden muss." Jugendliche können wesentlich höhere Bildfrequenzen wahrnehmen, vernetzter denken , mehrere Aufmerksamkeitsebenen parallel bewältigen, schneller reagieren.

Tatsächlich: Erst vor einigen Tagen wurde auf ein Ansteigen des Intelligenzquotienten hingewiesen, was auf der Auseinandersetzung mit Computerspielen basieren soll. Nun: Das Hirn ist für die neue Rasanz anscheinend geeignet. Aber ob das unsere biologische Hülle auch weiß?


OÖN vom 07.09.01 zuletzt geändert am: 06.09.01 17:19:23


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