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Museen: Dann gibt es Kampfmaßnahmen!

06.03.2009 | 18:33 | BARBARA PETSCH (Die Presse)

Belvedere-Direktorin Agnes Husslein droht mit Action, wenn nicht bald mehr Geld vom Staat kommt. Die Finanzkrise bringt weniger Besucher und Sponsoren.

Die Presse: Sie sind derzeit Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Bundesmuseen. Diese fordern mehr Geld, die Subventionen für die Kultur werden aber wohl kaum nennenswert erhöht, wenn überhaupt. Was hören Sie?

Agnes Husslein: Wenig. Der Vorsitz der Direktorenkonferenz wechselt alle halben Jahre. Ich habe diese Funktion bis Juni. Auf jeden Fall müssen wir gemeinsam kämpfen. Jedes Haus hat seine Wünsche, aber es geht um eine gemeinsame Absichtserklärung. Es ist für uns ein Vorteil, dass Claudia Schmied Kulturministerin geblieben ist. Sie versteht unsere Anliegen. Wir stellen ja nicht aus der Luft herbeigeholte Forderungen, sondern die Budgeterhöhung ist seit Jahren fällig. Österreich wird nur über die Kunst und Kultur wahrgenommen. Die Bundesregierung ist es den Kindern und der Jugend schuldig, hier zu investieren – und nicht in Kasernen.

Was wollen Sie denn konkret unternehmen, wenn nicht mehr Geld kommt? Die Häuser schließen? Kampfmaßnahmen? Streik?

Husslein: Das wäre mal was Neues, wenn die Museen streiken würden. Man muss sich etwas überlegen. Es könnten ja auch einmal die Künstler auf die Straße gehen. Wir dürfen die Verweigerung von Budgeterhöhungen nicht länger kampflos hinnehmen. Wir haben jetzt Monate verbracht, mit der Ministerin und den Ministerialräten die Sachlage darzulegen. Es ist eine Schande, dass da seit Jahren nichts passiert. Wir brauchen wenigstens die Indexierung der Budgets. Aus dem Ministerium war zu hören, dass es Erhöhungen geben wird; es wäre gut, bald zu wissen, wie viel. Unsere Budgets sind im Frühjahr erstellt worden. Da war von einer Wirtschaftskrise noch keine Rede. Man muss einmal sehen, was das kleine Wien kulturell zu bieten hat. Das gibt es oft nicht in Paris oder London!

 

Das Belvedere ist gut behandelt worden. Sie haben die Neugestaltung des Unteren Belvederes bekommen. Auch das Museum des 20. Jahrhunderts wird umgebaut. Bei Letzterem wollte sich die Erste Bank engagieren.

Husslein: Bei uns sind die baulichen Maßnahmen klar. Ins 20er Haus werden ca. 18 Mio. Euro investiert, vom Wirtschafts- und vom Kulturministerium, wobei für den Anteil des Kulturministeriums Sponsoren erwünscht sind. Da gab es Verhandlungen mit der Erste Bank, ich würde aber sagen, dass dort die Prioritäten im Moment anders liegen. Auf jeden Fall sollte das 20er Haus zu Beginn 2011 bespielbar sein.

 

Was ist mit der Constantia Privatbank, die in der Krise ist und Ihr Sponsor?

Husslein: Die Constantia hat einen Dreijahresvertrag, der heuer ausläuft. Wie es weitergeht, wird man sehen. Generell sehe ich das aber nicht so pessimistisch. Es gibt genug florierende Firmen. Das Belvedere genießt international große Wertschätzung, wenn man ein gutes Produkt hat, wird man auch Interessenten dafür finden. Natürlich wird man mehr gefordert sein, es wird mehr Kraft und Energie kosten, Sponsoren aufzutreiben. Heuer rechne ich noch nicht mit Einbrüchen, aber 2010 wird es schwieriger.

 

Wie schaut es mit den Touristen aus, die für das Belvedere besonders wichtig sind?

Husslein: Die ersten zwei Monate dieses Jahres waren in Ordnung. Es kommen weniger Besucher aus Fernost, auch aus Italien und Spanien. Aber dafür läuft der Ost-Tourismus weiter gut, er steigt sogar noch an, vor allem kommen mehr Russen. Dadurch ist die Bilanz ausgeglichen. Wir hatten sowohl letztes als auch vorletztes Jahr bei den Besuchern Steigerungen um 35 Prozent. Vor allem die Österreicher haben quasi ihr Belvedere wiederentdeckt. Trotzdem machen die Touristen 60 Prozent aus. Der Punkt ist, wir sind zu 61 Prozent eigenfinanziert, wenn also Besucher ausbleiben, die Shoperlöse, die Veranstaltungen zurückgehen, es weniger Sponsoren gibt, dann schaut es sehr düster aus. Die Ausstellungen bringen viele Besucher, wenn wir dafür weniger Geld haben, dann heißt das: weniger Zustrom.

 

Der Pariser Louvre zeigt derzeit eine Waldmüller-Retrospektive mit den Gemälden des Belvedere. Wird dieser Maler dadurch aufgewertet oder anders, ernster bewertet?

Husslein: Meine Aufgabe als Direktorin des Belvedere ist es, österreichischen Künstlern den Stellenwert im internationalen Kontext zu geben, den sie verdienen. Waldmüller ist ein großartiger, fantastischer Künstler des 19. Jahrhunderts und sehr modern. Dass er im Louvre gezeigt wird, ist sicher eine Nobilitierung. Der Louvre zeigt 40 Gemälde, bei uns werden es rund 100 Bilder sein. Ob bei Waldmüller jetzt die Idylle oder die Sozialkritik wichtiger ist, da liegt die Wahrheit wohl in der Mitte. Er war ein großer Beobachter und Psychologe. Man kann die Geschichte des 19. Jh. in seinen Bildern lesen.


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