In ein "Geschenk des Himmels" könnte sich
einer der beiden Flaktürme im Wiener Arenbergpark verwandeln, wenn jenes
Projekt realisiert wird, das MAK-Direktor Peter Noever zusammen mit den
Architekten Sepp Müller und Michael Embacher entwickelt hat. Am Donnerstag
wurde das Projekt in New York erstmals öffentlich präsentiert.
Modelle und Pläne zur Umwandlung des Gefechtsturmes im Wiener
Arenbergpark in ein Kunstzentrum sind derzeit in der renommierten Max
Protetch Gallery in New York zu sehen. "Heaven's Gift - A New Programmatic
Strategy for the Presentation of Contemporary Art" nennt sich die
Ausstellung, die die Metamorphose des zwischen 1942 und 1943 erbauten
Gefechtsturmes im dritten Wiener Gemeindebezirk in einen "Contemporary Art
Tower" (CAT), einen Turm für zeitgenössische Kunst mit seitlichem Media-
und Serviceturm, veranschaulicht.
Größer als das Muqua
Mit einer Gesamtfläche von 12.900 Quadratmeter, verteilt auf neun
Stockwerke, verfügt der CAT über mehr Fläche als der
Fischer-von-Erlach-Trakt im Wiener Museumsquartier mit seinen rund 11.000
Quadratmetern. Für künstlerische Eingriffe an und in der Haut des
geschichtsträchtigen Baukörpers konnten Jenny Holzer und James Turrell
gewonnen werden.
Ein Wiener in New York
"Ich wollte das Projekt frei von Emotionen und in einem anderen Kontext
präsentieren und zur Diskussion stellen", begründet Peter Noever, warum
ein Wiener Vorhaben in New York vorgestellt wird. Dass die Wahl auf die
für ihren Einsatz von Text bekannte Holzer und den Lichtkünstler Turrell
fiel - "Für das Projekt kamen einige Künstler in Frage." (Noever) - liege
an der Beschaffenheit des sperrigen Baukörpers, dessen "rauhe, abweisende
Ästhetik" erhalten bleiben soll. "Die Dinge sollen nicht dekoriert und
verschönert werden und diese Künstler können mit diesen Substanzen
umgehen."
Text und Licht
Holzers CAT-Projekt ist von Wladimir Tatlins Entwurf für das "Denkmal
der III. Internationale" (1920/21) inspiriert und besteht aus zwei Teilen,
aus Text-Projektionen (mit Xenon-Technik oder/und elektronisch) auf den
Turm und um ihn herum sowie einem Suchlicht. Dieses soll von der Spitze
des rund 90 Meter hohen Mediaturmes strahlen, der an der Südseite in
einigen Metern Abstand neben dem Flakturm geplant ist und dessen Gerüst
Platz für Service- und Bürocontainer bietet.
Skyspace von James Turrell
Turrell hat eine Skyspace Bar für eine der vier Plattformen auf dem
Turm entworfen. Ein vier Meter (im Durchmesser) großes Loch in der Decke
soll den Besuchern einen Blick in den Himmel über Wien bieten und "den
Raum zwischen Himmel und Erde als materialisiertes Farbfeld wahrnehmen"
lassen. Daneben will Turrell die fensterartigen Öffnungen in den
Außenwänden mit blauen Lichtarbeiten füllen. Auch der Durchgang zur
Landstraßer Hauptstraße soll in blauem Licht erstrahlen. Beide
Interventionen werden nur in der Nacht sichtbar sein.
Kunst und Kommerz
Das CAT-Projekt sieht die Nutzung der ersten drei Ebenen für
kommerzielle Zwecke vor - etwa Kunstmessen, Clubbings, Performances und
Konzerte. Die Stockwerke drei bis acht - mit Raumhöhen zwischen 2,5 und 6
Meter - sind reserviert für das CAT-Programm. In die turmartigen
Plattformen auf dem Dach sollen neben Turrells Skyspace Bar zwei
Restaurants und ein Café einziehen.
"Kein neues Museum"
"Die Idee von CAT ist nicht, ein Museum zu wiederholen, was bei den
meisten Museumsneubauten nicht gelungen ist", betont Noever. Es sei darum
gegangen, "einen bestehenden Ort mit all seinen Konnotationen zu
transformieren". Diese Umwandlung von etwas Negativem könne nur Kunst
leisten. "Nur Kunst kann negative Stimmung mit positiven Energien
besetzen", meint Peter Noever.
Vom Provisorium zum CAT?
Entwickelt hat sich das CAT-Projekt aus einem Provisorium. Das MAK
adaptierte zwei der insgesamt neun Geschoße als Depot für seine
Gegenwartskunstsammlung. Seit 1995 sind Teile aus dieser Kollektion auf
einer Etage (1.400 Quadratmeter) an jedem ersten Donnerstag im Monat sowie
am Nationalfeiertag öffentlich zugänglich.
Zu sehen sind dort neben Architekturmodellen und Stücken aus der
Sammlung auch Multiples aus der "Edition Parkett". Vor allem für größere
Sammlungsobjekte sind die Räumlichkeiten ideal. So steht dort
beispielsweise eine raumgreifende Arbeit Bruno Gironcolis aus den frühen
70er Jahren, eine speziell für den Ort entstandene, mit Schrift bedruckte
Glasschiebetüre von Eva Schlegel, und Ilya Kabakovs aus seiner
Installation "Der rote Waggon" (für die MAK-Ausstellung "Tyrannei des
Schönen") entstandene Arbeit "No Water". Und Chris Burdens "Pizza City"
hat genug Platz, sich weiter zu entwickeln.
Der Luxus des Übervolumens
Die Räume - so Noever - "funktionieren" und der Turm biete den "Luxus
des Übervolumens". Von den Räumen, die so nie für ein Museum gebaut
würden, hätten sich bisher auch viele Künstler angetan gezeigt. Angetan
war auch Thomas Krens, Direktor der Guggenheim Foundation, der an der
Bespielung der sechsten Etage mit Wechselausstellungen aus der
Guggenheim-Sammlung interessiert ist.
Internationale Berater
Krens gehört auch dem "CAT International Advisory Board" an, einem Team
internationaler Experten, das als Berater in programmatischen und
finanziellen Dingen fungieren soll. Weitere Mitglieder sind die Kuratorin
und document-X-Leiterin Catherine David, der Kunstsammler Georg Geyer, der
Philosoph und Kunsttheoretiker Boris Groys, der Industrielle und
Kunstsammler Cornelius Grupp, der Museumsdirektor und Kurator Jan Hoet,
Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sowie der Urbanist und Essayist Paul
Virilio.
Knackpunkt Geld
Im vorigen Jahr wurde eine Machbarkeitsstudie zu diesem Projekt dem
damaligen Bundeskanzler Viktor Klima und Unterrichtsministerin Elisabeth
Gehrer übergeben. Seither gab es Gespräche mit Vertretern des Bezirks. So
sei die Höhe des Medienturms nach Gesprächen mit dem Bezirksvorsteher
gesenkt worden. Die Nettokosten für den von Noever auf zwei Jahre
projektierten Umbau inklusive Einrichtung betragen rund 260 Millionen
Schilling. Der Betrieb - so Noever - könne mit den Einnahmen aus
Gastronomie und Vermietungen etwa zu zwei Drittel finanziert werden.
Vollständig selbst finanzieren werde sich das Projekt nicht können. "Es
gibt keine Kunstinstitution, die sich selbst rechnet", betont Noever.
Tipp:
Die Ausstellung "heaven's gift - CAT Contemporary Art Tower - A New
Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art"
Ausstellung in der Max Protetch Gallery in New York ist vom 30. Juni bis
28. Juli zu sehen. Zur Schau erscheint ein 72-seitiges Katalogbuch (Hatje
Verlag Ostfildern) mit Beiträgen von Catherine David, Boris Groys, Paul
Virilio, Lebbeus Woods und Thomas Krens.