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Gestürmt wurde im vergangenen Jahr die Vernissage der ersten "art
position" am Gersten-, Hefe- und Hopfenboden der Ottakringer Brauerei. Auf
1000 Quadratmeter gab es etwa 250 Werke von 80 jungen, zu entdeckenden
Künstlern aus Wien zu sehen - und auch zu kaufen. Die seltene Chance eines
Überblicks, die sich heuer, in Kooperation mit der "Presse", ein zweites
Mal, von 23. Mai bis 6. Juni, ergeben wird.
Seit zwei Jahren beschattet der Kunsthistoriker Kolja
Kramer die Wiener Kunstszene, um für die "art position" repräsentative
Künstler auszuwählen. Warum spart man die Bundesländer aus? "In der Kunst
ist das Nationale nicht so wichtig wie die Region", erklärt Kramer: "Und
die meisten zieht es sowieso in die Kulturmetropole." Die Altersgrenze für
die Teilnahme ist der Jahrgang 1960, das Durchschnittsalter liegt etwa um
die 33 Jahre. Zwischen 250 und 300 "signifikante und ernst zu nehmende"
Jungkünstler leben und arbeiten zur Zeit in Wien, schätzt Kramer. Die
Neueinsteiger haben es hier schwerer als in London, New York, Berlin - "In
Wien ist alles so fest gefahren in den Galerien, es gibt eine Lücke bei
den Emerging Artists, die wir füllen wollen".
Vertreten sind bei der "art position" Malerei, Skulptur,
Grafik, Fotografie, Installation, Video. Der Schwerpunkt liegt aber klar
auf Malerei - "weil wir sehen, dass sie wieder erstarkt", sieht Kramer den
internationalen Malerei-Boom der letzten zehn Jahre auch in Österreich
nachwirken. Zu bemerken ist eine Cross-over-Tendenz mit neuen Medien.
"Skizzen etwa werden am Computer entworfen, für den Fotorealismus werden
die Vorlagen eingescannt, teils manipuliert, dann auf die Leinwand
projiziert und abgemalt", erklärt Kramer ernüchternd. Warum wird dann
überhaupt auf die klassische Technik zurückgegriffen? "Vielleicht weil die
virtuelle Welt überhand nimmt. Als Gegenpol soll ein greifbares,
dreidimensionales - und vor allem statisches Bild entstehen." Das sei auch
eine plausible Erklärung, warum in letzter Zeit die Holzskulptur ein
wundersames Revival erlebt.
Keine Kunstmesse ohne die grob geschnitzten Figuren. Eine
fast romantische Rückwendung zur Natur, zum Ursprung, meint Kramer,
erzeugt durch das Überangebot. In der Malerei bleibt man ähnlich
konservativ. Abstraktion tritt in der jüngsten Kunst zurück, man
artikuliert sich figurativ und nach geometrischen Kompositionsprinzipien.
Das oft alltägliche Motiv konzentriert sich in der Bildmitte. "Man sieht
viele gerade Linien und klare Konturen - keine Kleckse mehr", so Kramer -
"ein Wille zur Grenze, zur selbst auferlegten, ist dominant, man will sich
nicht mehr permanent entscheiden müssen". Auch der Betrachter trägt nicht
mehr die Verantwortung, sich Konzepte und intellektuelle Gerüste aneignen
zu müssen - das Konzept scheint Pause zu machen.
Ein Vakuum erkennt Kramer auch bei den Themen: Zur
Politik wurde 2002 kaum Stellung genommen, die Künstlergeneration nach den
"Achtundsechzigern" hält sich zurück. "Mit dem Irak-Krieg passiert auch in
der Kunst erstmals wieder eine verstärkte Reflexion". Lassen sich die
stilistischen Trends der letzten Zeit zusammenfassen? "Sinnlich, klar und
dekorativ", so Kramer. Seine Insider-Tipps für Sammler: Holzskulpturen von
Karin Frank, Foto- und Videokünstler Hubert Blanz, Zeichnerin Laetitia
Werth. Die Preise der gezeigten Werke bewegen sich zwischen 200 und 5000
Euro.
© Die Presse | Wien
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