Aber dies kann die fehlenden kunstpolitischen Initiativen nicht wettmachen, kritisiert ein ehemaliger Museumskurator und Parteifreund.
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Die Parlamentsgrünen stilisieren sich in letzter Zeit in ihrer Kultur- und Kunstpolitik immer mehr zu einer Aufdecker- und kulturpolitischen Scharfrichterpartei. Es ist schon verdienstvoll, wenn der grüne Kultur- (und Minderheiten-)Sprecher Wolfgang Zinggl seit Jahren auf Restituierung von "Raubkunst" (z. B. beim Leopold-Museum) pocht. Es ist sicher auch verdienstvoll, wenn Wolfgang Zinggl die wahrscheinlich zu eigenmächtige Verfügung des Direktors des Museums für angewandte Kunst (Mak), Peter Noever, öffentlich zu Sprache bringt und schließlich eine Sonderprüfung durch den Rechnungshof fordert.
Nur weiß ich aus meiner eigenen Museumszeit auch, dass zwischen der Praxis der alltäglichen Museumsführung (z. B. bei Sponsorenessen) und den papierenen Verwaltungsvorstellungen von oberlehrerhaften Rechnungshofbeamten Welten liegen. Ich könnte manche Geschichte aus der Museumspraxis erzählen. Immerhin zollte Zinggl dem Mak-Direktor, nachdem er ihn zur Strecke gebracht hatte, eine waidmännische Anerkennung: "Für seinen Rücktritt ist dem nunmehr ehemaligen Mak-Direktor Peter Noever Respekt zu zollen", erklärt er. "Noever hat dadurch auf in Österreich völlig unübliche Art und Weise die Konsequenzen aus seinem Verhalten gezogen." (www.wolfgangzinggl.at)
Musste es jetzt aber auch sein, dass Scharfrichter Zinggl - wie der STANDARD vom 30. 4. / 1. 5. 2011 berichtet - bei der Staatsanwaltschaft gegen den Direktor der Kunsthalle Wien, Gerald Matt, eine Anzeige einbringt? Zinggl wirft dem Kunsthallendirektor Untreue, Förderungsmissbrauch und unerlaubte Intervention vor, unter anderem deshalb, weil dieser bei den zuständigen Behörden versucht hat abzuklären, ob außerordentliche Sponsorleistungen für ein Kulturinstitut der öffentlichen Hand zu einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft aus öffentlichem Interesse - so wie dies bei Leistungen von Sportlern und Künstlern üblich ist - führen kann? Nachfragen wird man doch noch dürfen!
Aber vor allem hätte es vorläufig genügt, dass in dieser Wiener Angelegenheit auch bereits das Wiener Kontrollamt eingeschaltet wurde. Und in welcher Zuständigkeit ist der grüne Nationalrat in dieser Sache eigentlich aktiv geworden? Hätte Zinggl in diesem Fall, wenn sie schon notwendig geworden wäre, die Aufdeckerrolle nicht den Wiener Rathausgrünen überlassen sollen? Drängt er sich da nicht allzu sehr und allzu einseitig in seine Scharfrichterrolle?
Das zentrale Problem bei der ganzen Sache ist für mich, dass sich die grüne Kulturpolitik so einseitig auf diese Köpfe-ab-Rolle, auf ein "Django. Leichen pflastern seinen Weg" reduziert. Früher selbst einmal - vor allem in meiner SPÖ-Zeit zwischen 1969 und 1986 - stark in die Kultur- und Kunstpolitik eingebunden, werde ich jetzt als Grün-Alternativer immer wieder von Künstlern und Künstlerinnen - und viele von ihnen sind ja grüne Stammwähler - gefragt, was machen die Grünen eigentlich für uns? Wo bleiben konstruktive kultur- und kunstpolitische Initiativen der Parlamentsgrünen und jetzt auch der mitregierenden Rathausgrünen? Und da fällt mir auf Bundesebene aus dem letzten Jahrzehnt kaum etwas ein.
Erinnern kann ich mich eigentlich nur noch an eine parlamentarische Initiative des damaligen und inzwischen aus dem Leben geschiedenen grünen Kultursprechers Herbert Fux aus dem Jahr 1990 zur Förderung der regionalen Kulturarbeit in Österreich, die nach einigen Enqueten schließlich unter der damaligen SPÖ-Kunstministerin Hilde Hawlicek zu einer mit eigenem Budget versehenen Förderstelle für Kulturentwicklung und Kulturinitiativen im BMUK (damals Abt. IV/8, heute Abt. 7 für regionale Kulturinitiativen und -zentren, Leitung Gabriele Kreidl-Kala) führte.
Wo bleiben vergleichbare, für die heutige Zeit relevante Initiativen von dem grünen Kultursprecher Wolfgang Zinggl? Hat er doch in seiner Zeit vor dem Nationalrat als Falter-Kritiker und bildender Künstler und dann als Bundeskurator für bildende Kunst manche bis heute wirksame Initiativen wie z. B. die "Wochenklausur" oder das "Depot" verwirklicht.
Wolfgang Zinggl sollte im Sinne einer kreativen grünen Kulturpolitik zu solche Initiativen auch als Nationalratsabgeordneter zurückfinden. (Dieter Schrage, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Mai 2011)
Dieter Schrage, 1979 bis 2001 Kurator des Museums moderner Kunst Wien, ist Universitätslektor und grüner Senioren-Politiker.
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Wie man dem diktatorischen und machtbesessenen Egomanen vom Typ Noever-Matt das Wort reden kann, ist unverständlich. Gerade von einem intellektuellen linken Grünen der ersten Stunde erwarte ich mir die Unterstützung des selbstherrlichen autoritären Patriarchats wie es seit vielen Jahren von diesen beiden Herren vorgelebt wird/wurde, eigentlich nicht. Macht braucht Kontrolle - der Einzige, der von politischer Seite berechtigte Kontrolle im Kulturbereich einfordert, ist Wolfgang Zinggl! Armer Wolfgang Zinggl! Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr...
Den Österreichischen Museumsmanagern geht der A. auf Grundeis. Who will be the next?
Da sie gelernte Österreicher sind, ist anzunehmen, dass da alle ein paar Leichen im Keller haben ...
Übrigens der Zinggl hat sich sehr (zu?) fair verhalten und eine der
schlimmsten Sachen aus Noevers "Amtszeit" nicht an die Öffentlichkeit
gebracht (eine Horrorgeschichte aus der Textiliensammlung des MAK ...)
... fordert Respekt ab, und ein lautes "Bravo!"
wahrscheinlich werden diese posten auf zu lange zeit vergeben, man sollte sich auf eine obergrenze einigen (z.B. max. 10 jahre), ab der eine neuausschreibung erfolgen muss. wenn man zu lange einem haus vorsteht, glaubt man wahrscheinlich, es gehört einem (siehe noever). die bislang veröffentlichten vorwürfe gegen matt halte ich aber eher für schwach
Ja
ja, den Pranger samt Prangergeheul lieben sie, die frustrierten Teile
der Österreicher. Wer widerspricht wird gleich rot angestricherlt,
früher angepinkerlt. . Diese archaische Form der öffentlichen
Demütigung, den latenten Sadismus, die inhärente Bosheit und
Schadenfreude, das alles ist GRÜN. Bis zur Gründerlegende Konrad
Lorenz, die war zwar braun, passt aber gut dazu.
Und der Zinggl, na ja, am besten war er noch als Kulissenmaler, zu mehr hat es eben nie gereicht.
Das
zentrale Problem bei der ganzen Sache ist für mich, dass sich die grüne
Kulturpolitik so einseitig auf diese Köpfe-ab-Rolle, auf ein "Django.
Leichen pflastern seinen Weg" reduziert.
-------snip
Scharfrichter, Köpfe-ab-Politik, Leichen.. peilst die Hoheit über
Biertische an mit solchen Sprücherln, die in der Sache weder
zielführend noch nützlich sind?
Ja, jeder der im Kultur oder Kunstbereich einmal tätig war, weiß
daß reiben an den Wunderlampen Wünsche erfüllt, egal bei welcher
Coleur; aber die das Lampenöl blechen, wüßten gern besser Bescheid über
warum, wie, wer, wieviel und wofür.
Das mag Unruhe in den Karpfenteich bringen, aber da schwimmen
ohnehin zu viel Bemooste herum-also laß Zinggl arbeiten, Zurufe deiner
Art brauchts net..
Vor 10 Jahren haben die Grünen die FPÖ massiv kritisiert, weil diese "Kulturpolitik mit dem Strafgesetzbuch" betrieben haben.
Und jetzt machen die Grünen auch nichts anderes. Peinlich, eigentlich.
Abgesehen davon verblassen die Anschuldigungen des Peter Noever im Vergleich zu seinen Leistungen als Direktor des MAK.
Nur zu so einer Betrachtungsweise sind die angeblich kulturaffinen
Grünen nicht mehr in der Lage. Hauptsache mit Dreck herum schleudern ...
schrage hat in einem punkt recht: zinggl hat kein konzept. das heißt aber nicht, dass es schlecht ist, den systematischen amtsmissbrauch ein paar egomanen, mal einzubremsen. und schrages argumentation finde ich in diesem kontext nur mehr zynisch - könnte sich mal die verhältnisse zwischen bezahlung der div direktionen und deren output im vergleich zum übrigen staff anschauen. die meisten dieser schlaucherln können nämlich nicht viel mehr als angestellte anbrüllen und dann mit deren inhalten paradieren ("briefing" heißt das dann).
was darf ein politiker ?
aufdecken, recherchieren: ja.
verleumden: nein
bewerten, anklagen, verurteilen: nein. dazu gibt es die justiz.
leider fehlt es da zinggl (ähnlich wie peter pilz) an der
entsprechenden einsicht (und beide wären vermutlich in einem
führungsjob brutale diktatoren)
Die Herren Museumsdirektoren vertreten, unterstützt von einer entweder atemberaubend naiven oder atemberaubend dummen Künstlerschar (siehe die Ergebenheitsadressen an Noever) offenbar die Ansicht, Gesetze gelten für Künstler nur eingeschränkt und es sei kleinkariert, von Künstlern die Einhaltung irgendwelcher allgemein üblichen Buchhaltungsstandards zu verlangen. Gut, wenn irgendwer diese Einstellung hinterfragt.
wer noever und konsorten die stange hält, ist wohl nicht automatisch ein advokat der künste.
da zeigen die grünen einmal ein wenig biss, schon ist ein
beschwichtigungshofrat zur stelle und hebt den zeigefinger: wo kumma ma
denn do hin, wenn jede korruption aufdeckt wird und konsequenzen hätt!
wie
sie der liebe dieter dem hr. zinggl (den ich im gegensatz zu d.s. nicht
persönlich kenne) unterstellt - ist doch eine sehr humane.
und gegenüber "grenzgängern" (in richtung rechtsüberschreitung) des kulturbereiches durchaus anwendbar.
aber als anarchistische kunstform vielleicht ausbaubar. eine aufgabe für die pierre ramus gesellschaft.
angesichts des diktats leerer kassen und einer sich der kultur-und
kunstpolitik hingebungsvoll widmender regierung - an der spitze die
allseits als schöngeister bekannten faymann und spindelegger - ist eine
grün entfachte diskussion auf breitere basis zu stellen.
da fällt mir aber noch auf, dass die grünen senioren und seniorinnen auch so vor sich hindümpeln.
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