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Grüne Kulturpolitik

Ein Scharfrichter ist noch kein Kulturpolitiker

01. Mai 2011, 17:18

Der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl übt sich mit Erfolg als Aufdecker gegenüber österreichischen Museumsdirektoren

Aber dies kann die fehlenden kunstpolitischen Initiativen nicht wettmachen, kritisiert ein ehemaliger Museumskurator und Parteifreund.

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Die Parlamentsgrünen stilisieren sich in letzter Zeit in ihrer Kultur- und Kunstpolitik immer mehr zu einer Aufdecker- und kulturpolitischen Scharfrichterpartei. Es ist schon verdienstvoll, wenn der grüne Kultur- (und Minderheiten-)Sprecher Wolfgang Zinggl seit Jahren auf Restituierung von "Raubkunst" (z. B. beim Leopold-Museum) pocht. Es ist sicher auch verdienstvoll, wenn Wolfgang Zinggl die wahrscheinlich zu eigenmächtige Verfügung des Direktors des Museums für angewandte Kunst (Mak), Peter Noever, öffentlich zu Sprache bringt und schließlich eine Sonderprüfung durch den Rechnungshof fordert.

Nur weiß ich aus meiner eigenen Museumszeit auch, dass zwischen der Praxis der alltäglichen Museumsführung (z. B. bei Sponsorenessen) und den papierenen Verwaltungsvorstellungen von oberlehrerhaften Rechnungshofbeamten Welten liegen. Ich könnte manche Geschichte aus der Museumspraxis erzählen. Immerhin zollte Zinggl dem Mak-Direktor, nachdem er ihn zur Strecke gebracht hatte, eine waidmännische Anerkennung: "Für seinen Rücktritt ist dem nunmehr ehemaligen Mak-Direktor Peter Noever Respekt zu zollen", erklärt er. "Noever hat dadurch auf in Österreich völlig unübliche Art und Weise die Konsequenzen aus seinem Verhalten gezogen." (www.wolfgangzinggl.at)

Musste es jetzt aber auch sein, dass Scharfrichter Zinggl - wie der STANDARD vom 30. 4. / 1. 5. 2011 berichtet - bei der Staatsanwaltschaft gegen den Direktor der Kunsthalle Wien, Gerald Matt, eine Anzeige einbringt? Zinggl wirft dem Kunsthallendirektor Untreue, Förderungsmissbrauch und unerlaubte Intervention vor, unter anderem deshalb, weil dieser bei den zuständigen Behörden versucht hat abzuklären, ob außerordentliche Sponsorleistungen für ein Kulturinstitut der öffentlichen Hand zu einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft aus öffentlichem Interesse - so wie dies bei Leistungen von Sportlern und Künstlern üblich ist - führen kann? Nachfragen wird man doch noch dürfen!

Aber vor allem hätte es vorläufig genügt, dass in dieser Wiener Angelegenheit auch bereits das Wiener Kontrollamt eingeschaltet wurde. Und in welcher Zuständigkeit ist der grüne Nationalrat in dieser Sache eigentlich aktiv geworden? Hätte Zinggl in diesem Fall, wenn sie schon notwendig geworden wäre, die Aufdeckerrolle nicht den Wiener Rathausgrünen überlassen sollen? Drängt er sich da nicht allzu sehr und allzu einseitig in seine Scharfrichterrolle?

Das zentrale Problem bei der ganzen Sache ist für mich, dass sich die grüne Kulturpolitik so einseitig auf diese Köpfe-ab-Rolle, auf ein "Django. Leichen pflastern seinen Weg" reduziert. Früher selbst einmal - vor allem in meiner SPÖ-Zeit zwischen 1969 und 1986 - stark in die Kultur- und Kunstpolitik eingebunden, werde ich jetzt als Grün-Alternativer immer wieder von Künstlern und Künstlerinnen - und viele von ihnen sind ja grüne Stammwähler - gefragt, was machen die Grünen eigentlich für uns? Wo bleiben konstruktive kultur- und kunstpolitische Initiativen der Parlamentsgrünen und jetzt auch der mitregierenden Rathausgrünen? Und da fällt mir auf Bundesebene aus dem letzten Jahrzehnt kaum etwas ein.

Erinnern kann ich mich eigentlich nur noch an eine parlamentarische Initiative des damaligen und inzwischen aus dem Leben geschiedenen grünen Kultursprechers Herbert Fux aus dem Jahr 1990 zur Förderung der regionalen Kulturarbeit in Österreich, die nach einigen Enqueten schließlich unter der damaligen SPÖ-Kunstministerin Hilde Hawlicek zu einer mit eigenem Budget versehenen Förderstelle für Kulturentwicklung und Kulturinitiativen im BMUK (damals Abt. IV/8, heute Abt. 7 für regionale Kulturinitiativen und -zentren, Leitung Gabriele Kreidl-Kala) führte.

Wo bleiben vergleichbare, für die heutige Zeit relevante Initiativen von dem grünen Kultursprecher Wolfgang Zinggl? Hat er doch in seiner Zeit vor dem Nationalrat als Falter-Kritiker und bildender Künstler und dann als Bundeskurator für bildende Kunst manche bis heute wirksame Initiativen wie z. B. die "Wochenklausur" oder das "Depot" verwirklicht.

Wolfgang Zinggl sollte im Sinne einer kreativen grünen Kulturpolitik zu solche Initiativen auch als Nationalratsabgeordneter zurückfinden. (Dieter Schrage, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Mai 2011)

Dieter Schrage, 1979 bis 2001 Kurator des Museums moderner Kunst Wien, ist Universitätslektor und grüner Senioren-Politiker.

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Posting 1 bis 25 von 48
1 2
Ich sage leck zu Google
02.05.2011 21:49

völlig daneben, der schrage! ist das bewusste nebelwerfferei oder was???

diskordineuner
02.05.2011 20:01
ein mutiger

da möchte sich einer als weiser älterer mann neu erzeugen, er gebiert aber weiter kulturpolitische kantenlosigkeit weiter im geist der nicht-aufklärung

02.05.2011 19:29
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unfassbar!

Wie man dem diktatorischen und machtbesessenen Egomanen vom Typ Noever-Matt das Wort reden kann, ist unverständlich. Gerade von einem intellektuellen linken Grünen der ersten Stunde erwarte ich mir die Unterstützung des selbstherrlichen autoritären Patriarchats wie es seit vielen Jahren von diesen beiden Herren vorgelebt wird/wurde, eigentlich nicht. Macht braucht Kontrolle - der Einzige, der von politischer Seite berechtigte Kontrolle im Kulturbereich einfordert, ist Wolfgang Zinggl! Armer Wolfgang Zinggl! Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr...

02.05.2011 19:02
Also für mir sagt dieser Kommentar vor allem eines:

Den Österreichischen Museumsmanagern geht der A. auf Grundeis. Who will be the next?
Da sie gelernte Österreicher sind, ist anzunehmen, dass da alle ein paar Leichen im Keller haben ...

Übrigens der Zinggl hat sich sehr (zu?) fair verhalten und eine der schlimmsten Sachen aus Noevers "Amtszeit" nicht an die Öffentlichkeit gebracht (eine Horrorgeschichte aus der Textiliensammlung des MAK ...)

02.05.2011 17:30
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Also als Nationalkonservativer stehe ich dem Zinggl parteipolitisch sicher diametral gegenüber: daß er aber Rechtsbrüche und Schweinereien von ihm politisch sicher Nahestehenden nicht durchgehen läßt sondern scharf verfolgt...

... fordert Respekt ab, und ein lautes "Bravo!"

02.05.2011 19:30
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ich hätte nicht gedacht das ich dir jemals rechtgeben muß. die welt steht kopf!

02.05.2011 19:24
ah nationalkonservative heißen die na*is heute? oder doch lieber "klerikalfaschist"?

transparenzfreak otto
02.05.2011 15:46

wahrscheinlich werden diese posten auf zu lange zeit vergeben, man sollte sich auf eine obergrenze einigen (z.B. max. 10 jahre), ab der eine neuausschreibung erfolgen muss. wenn man zu lange einem haus vorsteht, glaubt man wahrscheinlich, es gehört einem (siehe noever). die bislang veröffentlichten vorwürfe gegen matt halte ich aber eher für schwach

Terence Lennox
02.05.2011 15:28
offensichtlich schreibt Schrage..

..ohne die Faktenlage richtig wahrgenommen zu haben. Wie immer in Österreich zählt das Geschwätz mehr als die Fakten..

Die Aufklärung
 
02.05.2011 14:21
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Pranger-Geheul

Ja ja, den Pranger samt Prangergeheul lieben sie, die frustrierten Teile der Österreicher. Wer widerspricht wird gleich rot angestricherlt, früher angepinkerlt. . Diese archaische Form der öffentlichen Demütigung, den latenten Sadismus, die inhärente Bosheit und Schadenfreude, das alles ist GRÜN. Bis zur Gründerlegende Konrad Lorenz, die war zwar braun, passt aber gut dazu.

Und der Zinggl, na ja, am besten war er noch als Kulissenmaler, zu mehr hat es eben nie gereicht.

Ich sage leck zu Google
02.05.2011 21:50

geh bitte. legen sie sich an anderen nick zu.

02.05.2011 13:43
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Schrage, Schrage,

Das zentrale Problem bei der ganzen Sache ist für mich, dass sich die grüne Kulturpolitik so einseitig auf diese Köpfe-ab-Rolle, auf ein "Django. Leichen pflastern seinen Weg" reduziert.
-------snip
Scharfrichter, Köpfe-ab-Politik, Leichen.. peilst die Hoheit über Biertische an mit solchen Sprücherln, die in der Sache weder zielführend noch nützlich sind?
Ja, jeder der im Kultur oder Kunstbereich einmal tätig war, weiß daß reiben an den Wunderlampen Wünsche erfüllt, egal bei welcher Coleur; aber die das Lampenöl blechen, wüßten gern besser Bescheid über warum, wie, wer, wieviel und wofür.
Das mag Unruhe in den Karpfenteich bringen, aber da schwimmen ohnehin zu viel Bemooste herum-also laß Zinggl arbeiten, Zurufe deiner Art brauchts net..

02.05.2011 11:48
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Vor 10 Jahren haben die Grünen die FPÖ massiv kritisiert, weil diese "Kulturpolitik mit dem Strafgesetzbuch" betrieben haben.
Und jetzt machen die Grünen auch nichts anderes. Peinlich, eigentlich.

Abgesehen davon verblassen die Anschuldigungen des Peter Noever im Vergleich zu seinen Leistungen als Direktor des MAK.

Nur zu so einer Betrachtungsweise sind die angeblich kulturaffinen Grünen nicht mehr in der Lage. Hauptsache mit Dreck herum schleudern ...

02.05.2011 11:46
Schrage, Schrage..

double standard
02.05.2011 10:54
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Ein Scharfrichter ist noch kein Kulturpolitiker. Für einen amerikanischen Präsidenten reichts aber allemal

02.05.2011 13:37

Findest es nicht ein bisserl peinlich, deine politische Ahnungslosigkeit dermaßen zur Schau zu stellen?

Briefmarkenkleber
02.05.2011 10:51
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Parteiblatt

Wir reden hier über den Zwerg einer 5% - 7% Partei; achja, und über den Dreh- und Angelpunkt dieses Blättchens.

bouche dorée
02.05.2011 10:33
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beide seiten

schrage hat in einem punkt recht: zinggl hat kein konzept. das heißt aber nicht, dass es schlecht ist, den systematischen amtsmissbrauch ein paar egomanen, mal einzubremsen. und schrages argumentation finde ich in diesem kontext nur mehr zynisch - könnte sich mal die verhältnisse zwischen bezahlung der div direktionen und deren output im vergleich zum übrigen staff anschauen. die meisten dieser schlaucherln können nämlich nicht viel mehr als angestellte anbrüllen und dann mit deren inhalten paradieren ("briefing" heißt das dann).

02.05.2011 11:20
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was darf ein politiker ?
aufdecken, recherchieren: ja.
verleumden: nein
bewerten, anklagen, verurteilen: nein. dazu gibt es die justiz.
leider fehlt es da zinggl (ähnlich wie peter pilz) an der entsprechenden einsicht (und beide wären vermutlich in einem führungsjob brutale diktatoren)

franz der freie
02.05.2011 10:15
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ohne scharfrichter keine gesellschaftliche hygiene.

guardiolaisgod
02.05.2011 10:02
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Gut, dass es so jemanden gibt

Die Herren Museumsdirektoren vertreten, unterstützt von einer entweder atemberaubend naiven oder atemberaubend dummen Künstlerschar (siehe die Ergebenheitsadressen an Noever) offenbar die Ansicht, Gesetze gelten für Künstler nur eingeschränkt und es sei kleinkariert, von Künstlern die Einhaltung irgendwelcher allgemein üblichen Buchhaltungsstandards zu verlangen. Gut, wenn irgendwer diese Einstellung hinterfragt.

02.05.2011 08:40
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schräg, schräger, schrage?

02.05.2011 08:39
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entbehrlicher kommentar

wer noever und konsorten die stange hält, ist wohl nicht automatisch ein advokat der künste.

da zeigen die grünen einmal ein wenig biss, schon ist ein beschwichtigungshofrat zur stelle und hebt den zeigefinger: wo kumma ma denn do hin, wenn jede korruption aufdeckt wird und konsequenzen hätt!

01.05.2011 23:13
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diese scharfrichtertätigkeit -

wie sie der liebe dieter dem hr. zinggl (den ich im gegensatz zu d.s. nicht persönlich kenne) unterstellt - ist doch eine sehr humane.
und gegenüber "grenzgängern" (in richtung rechtsüberschreitung) des kulturbereiches durchaus anwendbar.
aber als anarchistische kunstform vielleicht ausbaubar. eine aufgabe für die pierre ramus gesellschaft.
angesichts des diktats leerer kassen und einer sich der kultur-und kunstpolitik hingebungsvoll widmender regierung - an der spitze die allseits als schöngeister bekannten faymann und spindelegger - ist eine grün entfachte diskussion auf breitere basis zu stellen.
da fällt mir aber noch auf, dass die grünen senioren und seniorinnen auch so vor sich hindümpeln.

01.05.2011 22:41
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völlig richtige Analyse. Es ist das Verdienst von Zinggl, mit dem Cäsarenwahn und der Korruption einzelner selbst ernannter Museumsprinzipale aufzuräumen.

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