Immer mittwochs | |
Die neue Diskussionsreihe des Architektur Zentrum Wien geht in die
Sommerpause. Ein Abschlussbericht von Joseph Schimmer.
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Wenn Architekten über ihre Homepages
sprechen ist gleich einschlägiges Vokabular zur Hand. Das Portal (!) ist
dann die Fassade, die Untermenüs sind Zimmer, die sich abschreiten lassen.
Nicht von ungefähr heißt Österreichs beste Architekturdatenbank nextroom. Entdeckerfreuden Hanns Kastner vom Büro Schluder-Kastner gerät ins Schwärmen, wenn er von den
Möglichkeiten des Netzes nicht nur für sein Büro, sondern für die
Architektur insgesamt spricht. Was vorderhand nur eine mehr oder weniger
vollständige Präsentation seiner Projekte ist, könnte sich in fünf bis
zehn Jahren, so Kastner, zu einem vollständig neuen Kommunikationsmedium
gewandelt haben, getreu dem Motto: Von der Website zur Werkhalle Architekt Hanns Kastner denkt dabei an eine Vereinfachung der Planung
und Abwicklung von Projekten. Besonders bei größeren Bauaufgaben sei es
schwierig und vor allem aufwendig, alle Beteiligten, vom Baupolier bis zum
kleinen Installationsbetrieb etwa, stets am gleichen Informationsstand zu
halten. Die kontinuierliche Abwicklung und Dokumentation des
Baufortschritts und der noch zu unternehmenden Schritte könnte da eine
enorme Erleichterung darstellen. Aber auch in der für die Büros extrem aufwendigen Wettbewerbsphase
erwartet Hanns Kastner durch das Netz bedingte Veränderungen. Warum
Modelle bauen? Warum nicht einfach eine Homepage als Projektbeschreibung
einreichen? Neue Aufgaben Erstellung, Bespielung, und vielleicht sogar Nachbetreung von
projektbezogenen Websites wird laut Kastner bald zum Alltag von
Architekten gehören. Bei einem Wohnbauprojekt, spekuliert er, könnten die
neuen Bewohner und Bewohnerinnen die Seite schließlich übernehmen und zu
ihrem hausinternen Kommunikationsmedium machen. Für sein Büro hat sich der Gang ins Netz jedenfalls bereits ausgezahlt,
ist doch aus der Zusammenarbeit mit dem Grafiker ein Projekt einer
Interaktiven Medienwand für Berlin geworden. Hanns Kastner erweist sich als Mann mit Weitblick, das zeigt schon ein
kleiner Seitenblick auf den Domain-Namen seines Büros. Die URL
www.architecture.at hat bei der mittwochs-Diskussion einige
Begehrlichkeiten geweckt. Sollte das Büro bedauerlicherweise Pleite
machen, könnte sich der hochtrabende Name ja noch als Retter in der Not
herausstellen. Die Datenbanker Ganz andere Wege beschreiten die Betreiber des experimentellen
Architekturservers xarch. Nicht Dokumentation von Architektur im Netz will
xarch sein, sondern eigentliche Architektur im Netz - die Strukturierung
von Information als virtuelle Bauaufgabe. 36.000 Hompages und eine Million Zugriffe im Monat lautet die
beeindruckende Bilanz des Projekts, das aus studentischem Engagement
entstanden ist und von den mittlerweile fertigen Architekten weiter
betrieben wird, weil der Nachwuchs sich nur spärlich einstellen will.
Lediglich ein Drittel der Zugriffe stammt laut Server-Statistik übrigens
aus Österreich. Das kaum mehr überblickbare Angebot hat die Betreiber rund um Wolfgang
Reinisch übrigens zu einem witzigen Kunstkniff greifen lassen, dem random selector.
Alle acht Sekunden wird den orientierungslosen, aber informationswilligen
Usern ein neues, aktuelles Angebot aus den Tiefen der Datenbank an die
Oberfläche gereicht. Selektion und Integration Der Altmeister der konsequenten Szenebeobachtung im Netz, Jürg Meister
von nextroom, meldet
freilich Bedenken an. Er habe sich schon längst von der Illusion
verabschiedet, dass man per Hyperlink die ganze Welt umarmen könne. Immerhin 1100 Gebäude, 1900 Texte und 3000 Bilder, die alle
untereinander in Beziehung stehen, verwaltet Meister auf seinem Server.
Interessant an dem Projekt ist vor allem, dass es nur über aktive
Vernetzung mit den so genannten Sammlungsgebern, Printmedien etwa, oder
dem Architekturzentrum funktioniert. Diese liefern in Eigenverantwortung
Material an nextroom, um so ihre Informationen zu bündeln. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Das Architektur Zentrum Wien, das
derzeit heftig an einem neuen, verbesserten Webauftritt arbeitet, wird im
Zuge dieses Relaunches etwa die Informationen über die neue Handbibliothek
im AZW bei nextroom ablegen. Mehrdimensionale Räume Ein weiterer Player im nationalen Architekturnetzwerk ist Christian
Kühn von aneta. Dieser
Zusammenschluss mehrerer Architekturhäuser und -stiftungen gibt einen
umfassenden Überblick über das Geschehen in den Bundesländern. Bei der
mittwochs-Veranstaltung hat Christian Kühn sein Augenmerk vor allem auf
Präsentations- und Vermittlungsformen im Netz gelegt. Auch wenn das Beispiel, die Hans Beneder-Schau Zugänge im MAK, bereits drei Jahre auf dem digitalen
Buckel hat, und auch, wenn der Raumbegriff der VR-Installation eher
konventionell ist, zeigt dieser Versuch doch sehr gut mögliche
Entwicklungen der Ausstellungs- und damit auch
Architekturpräsentation. Epilog Die mittwochs-Veranstaltung hat übrigens versucht, das übliche laue
Diskussionsklima dadurch anzuheizen, dass die Diskutanten nicht am Podium,
sondern im Raum verteilt gesessen sind. Bei der Präsentation der einzelnen
Homepages hat sich freilich gezeigt, dass die Macht der Bilder allemal
stärker ist als die Macht der Worte, und alle Beteiligten, inklusive der
Vortragenden, gebannt auf die Leinwand blicken ließ, quasi als Einstimmung
auf das erste Halbfinal-Spiel der Fußball-EM, das als Digestiv per
Videobeamer gereicht wurde. mittwochs findet im September seine
Fortsetzung. | ||
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