Salzburger Nachrichten am 16. Jänner 2003 - Bereich: kultur
Kärntner Kulturkämpfe

Jörg Haider, dringend gesucht: In Abwesenheit des Landeshauptmanns und Kulturreferenten üben VP und SP heftige Kritik an Kärntner Kulturpolitik.

MARTIN BEHR

Unter dem Eindruck der auch international positiv wahrgenommenen Eröffnung von "Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas" nimmt in Kärnten die Kritik am Kulturreferenten Jörg Haider (FPÖ) zu. SPÖ und ÖVP werfen dem derzeit offiziell auf Urlaub weilenden Landeshauptmann vor, durch "willkürliche Vorgangsweise" einen "Stillstand im Land" provoziert zu haben, die Grünen verlangen Haiders Rücktritt als Kulturreferent. Für SP-Chef Peter Ambrozy ist die Kulturpolitik Haiders schlichtweg "skandalös" und unerträglich, VP-Landesobmann Georg Wurmitzer hat angekündigt, über das Gemeinderessort Kulturinitiativen starten zu wollen.

Haider sei es seit 1999 nicht gelungen, das Kulturamt "ordentlich" zu besetzen, kritisiert SP-Chef Ambrozy, die derzeit eingesetzte interimistische Leiterin Erika Napetschnig habe nur - wie im Fall des Landesgalerie-Leiters Arnulf Rohsmann - die Funktion, "personell aufzuräumen". Ambrozy will die Abhalfterung von Rohsmann und die Kompetenzbeschneidung der Landesgalerie nicht hinnehmen. Als "desaströs" wird die Bilanz der Wörthersee-Bühne bezeichnet. Immer noch existiere kein Konzept für das von Haider geplante "Musical-Mekka", nach wie vor sei, so der SP-Chef, unklar, welches Stück heuer gespielt werden soll. Während die Stadt Klagenfurt "Grease" bevorzugt, spricht sich eine lokale Veranstaltergruppe für das Musical "Excalibur" aus.

Stichwort Seebühne: Bis heute liegt keine Endabrechnung der vorjährigen Bühnenproduktion "Falco" vor. Als weitere Beispiele der desaströsen Kulturpolitik nennt Ambrozy Verzögerungen bei Projekten wie dem Gironcoli-Museum und der Expressionismus-Ausstellung "Licht des Südens" sowie die Turbulenzen rund um die Kulturzeitschrift "Brücke". Wie die SPÖ strebt auch die ÖVP an, nach der kommenden Landtagswahl das Kulturressort von der FPÖ zu übernehmen. Bis dahin will VP-Landesobmann Wurmitzer Akzente setzen, damit "im Land wieder etwas in Bewegung gerät". Regelmäßige "Kulturgespräche" etwa oder ein 220.000 Euro teures Festival der Alten Musik, eine "Trigonale" der Gemeinden St. Veit/Glan, Maria Saal und St. Georgen/Längssee.

Der Vorwurf, Kärnten sei kulturelles Schlusslicht in Österreich, wird von der FPÖ vehement zurückgewiesen. LH Haider habe im Kulturbereich viel bewegt, meint etwa der freiheitliche Landesparteiobmann Martin Strutz und verweist auf die personelle Aufstockung im Musikschulwerk, die Einführung einer Ankaufsjury für bildende Kunst sowie auf einen Publikumserfolg der Seebühne: "Die Besucherzahlen 2002 mit über 60.000 sprechen für sich."