Das Leopold Museum zeigt eine umfassende Ausstellung mit Arbeiten von Ernst Barlach und Käthe Kollwitz
Demontierte Geistkämpfer
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Apokalyptischer Futurismus: "Der Rächer" von Ernst Barlach. Foto: Leopold Museum/Privatbesitz
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Rudolf Leopold in der von Gustav Peichl konzipierten Skulpturenstraße. Foto: Leopold Museum
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00084165-Dateien/wzfeld.gif)
Sein leidenschaftlicher Pazifismus brachte die Nationalsozialisten zur
Raserei: Ernst Barlach wurde als "entartet" eingestuft, viele seiner
Skulpturen wurden eingeschmolzen, um aus ihnen Munition zu machen. Die
wesentlichen Werke Barlachs sind nun in Wien in der Ausstellung im
Leopold Museum zu sehen.
In einer vom Stararchitekten Gustav
Peichl konzipierten Skulpturenstraße stehen über vierzig Werke Barlachs
auf weißen Podesten. Einige davon sind Modelle für Ehrenmale, die ab
1930 bereits von den Nationalsozialisten entfernt und zerstört wurden.
Den Auftakt bildet der in sich versunkenen "Singende Mann" von 1928. An
den Wänden hinterfängt ein der Spiritualität dieser Kunst
entsprechender Verlauf von hellem nach dunklem Blau die Zeichnungen und
Druckgrafiken.
Doch beschränkt sich das Leopold Museum nicht auf Barlach, sondern
stellt ihm Käthe Kollwitz gegenüber. Durch die Zusammenarbeit mit dem
Hamburger Ernst Barlach Haus der Stiftung Hermann F. Reemtsma und einer
Wiener Privatsammlung konnte im Leopold Museum samt eigenen Beständen
die Gegenüberstellung der beiden sozial engagierten Expressionisten
zustande kommen. Fabrikant Reemtsma blieb auch nach 1938 Förderer
Barlachs, der sich auch nach 1945 für die Wiederaufstellung seiner
Arbeiten einsetzte.
Neben frühen, dem Jugendstil und Rodin verpflichteten, kaum
bekannten Wasserwesen und einer Cleopatra, die alle einen stark
ironischen Aspekt vorbringen, markiert der nahezu futuristische
"Rächer" Barlachs Wende in den Expressionismus.
1914 war er – wie viele Künstler – ein Kriegsbefürworter. Dies
sollte sich schon 1916 in einen radikalen Pazifismus wandeln. Spürbar
in der Holzplastik "Das Wiedersehen", einer ungewöhnlichen tastenden
Umarmung von Christus und Thomas. Als Kurator stellt Rudolf Leopold sie
mittig an das Ende der Raumgasse. Nicht nur in den Zeichnungen
russischer Bauern zeigt sich inhaltlich durch das soziale Engagement
eine geistige Verwandtschaft zu Käthe Kollwitz.
In ihren Skulpturmodellen wie der berühmter "Pietà" von 1937/38
kommen auch formale Beziehungspunkte zum Ausdruck. Die Künstlerin war
mit den Illustrationen zu Gerhart Hauptmanns "Die Weber" 1898 bekannt
geworden. Noch stärker als Barlach klagt sie die Sinnlosigkeit des
Krieges mit der Vehemenz eines Francisco de Goya an. Die "Pietà" ist
auch die persönliche Klage um ihren gefallenen Sohn. Frauen werden zu
Mahnmalen der Verzweiflung, die sich auflehnen, aber auch mit ihren
Kindern den Tod suchen.
Berühmte Selbstbildnisse oder das "Gedenkblatt für Karl Liebknecht"
stehen ihren späten Holzschnitten von besonders expressiver
Helldunkelwirkung gegenüber. Ihr Naturalismus war Kaiserin Auguste
Viktoria so unbequem, dass Kollwitz’ Plakat zur Heimarbeit- Ausstellung
entfernt werden musste.
Seit 1928 war sie Professorin für Grafik an der Berliner Akademie,
1929 bekam sie als Ausnahmekünstlerin den Orden "Pour le Mérite". Ab
1937 wurden ihre Arbeiten von den Nationalsozialisten aus der
Öffentlichkeit zu entfernen. Leider starb die Künstlerin ein Monat vor
der Kapitulation in der Nähe des bombardierten Dresden. Ihr letzter
Lithografie-Zyklus hat den schlichten, sprechenden Titel "Tod".
Ausstellung
Ernst Barlach und
Käthe Kollwitz Rudolf Leopold (Kurator) Zu sehen bis 25. Mai
Printausgabe vom Freitag, 13. Februar 2009
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