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06.03.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Modefotografie In New York: Körperlose Beine auf der Stiege
VON PAUL KRUNTORAD
Guy Bourdin, Revolutionär der Modefotografie, bei Phillips de Pury, New York.

Auf Guy Bourdins Fotos posieren nicht elegante Mannequins in eleganten Roben, sie sind autonome Kompositionen, sinnliche, provokative, schockierende Momentaufnahmen aus einer komplexen Erzählung, in die der modische Gegenstand, Kleid, Schuhe, Accessoires, wie durch Zufall geraten ist: Frauenbeine ohne Körper steigen eine Stiege noch; zwei halbnackte Mannequins helfen einander beim Anziehen von Bikinis, gebeugt über eine Abwasch voller Schuhe; von einer Frau im hautengen Badeanzug, auf einem Tisch drapiert, sieht man nur das Spiegelbild.

So revolutionierte Guy Bourdin in den 70er Jahren in seinen Arbeiten vor allem für die französische "Vogue" die Modefotografie.

Sein Mentor war Man Ray, er nahm Einflüsse von Edward Weston, Balthus und Magritte auf, er war der erste Modefotograf, der unter Einfluss des Surrealismus starke Farben verwendete, Blutrot, Grasgrün, blendendes Orange, das Blau der Swimmingpools David Hockneys. 1928 in Paris geboren, weggelegt von seiner Mutter, machte er keine Anstrengung, seine Arbeiten für die Ewigkeit zu archivieren. Anders als Helmut Newton fehlte ihm jede Begabung für Selbstreklame. Bevor er 1991 starb, verfügte er die Vernichtung seines Nachlasses, hatte freilich kaum etwas aufbewahrt.

Eine Retrospektive, für das Londoner V&A Museum von seinem Sohn Samuel zusammengestellt, ging auf Tour: 2004 zeigte sie das Jeu de Paume zur Neueröffnung als Museum der Fotografie, 2005 war sie in Düsseldorf und Shanghai, derzeit macht sie in Tokio Station. Jetzt hat das Auktionshaus Phillips de Pury einen Exklusivvertrag mit Samuel Bourdin geschlossen und versucht, Bourdins Werk auf dem internationalen Kunstmarkt zu positionieren: mit einem Buch, "A Message For You", und einer Verkaufsausstellung in den New Yorker Räumlichkeiten.

Das Auktionshaus, 1796 von Harry Phillips gegründet, einem leitenden Angestellten von Christie's, der sich selbstständig machte, veranstaltete Versteigerungen im Auftrag von u. a. Beau Brummel und Napoleon und ist das einzige Haus, das je im Buckingham Palace eine Auktion durchführen durfte. 1999 kaufte der französische Magnat Bernhard Arnault, Eigentümer des Geschmacksindustrie-Konglomerats Louis-Vouitton-Moët-Hennessy, die Firma mit dem Ziel, sowohl Christie's als auch Sotheby's Konkurrenz zu machen. Unzufrieden mit dem Ergebnis, verkaufte er es.

Seit 2005 gehört es Simon de Pury, bis 1986 Kurator der Thyssen-Bornemisza-Sammlung in Lugano, dann Sotheby's-Geschäftsführer für Europa. Der gebürtige Basler hat sich mit seinem Auktionshaus auf Impressionismus, die Moderne, zeitgenössische Kunst und Fotografie spezialisiert.

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