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13.03.2003 19:23

"Substanzielle Verluste" durch den Umbau
Der Genius Loci der Albertina wurde zerstört - Nun herrscht Gerangel am Ausstellungsmarkt



Wien - Vom Plan, die Schauräume für die Sammlung des Museums moderner Kunst mit einer großen Wechselausstellungshalle zu ergänzen, hatte man sich Mitte der 90er-Jahre wieder verabschiedet. Weil das Gebäude, das in den ehemaligen Hofstallungen errichtet werden sollte, erneut verkleinert werden musste. Ein Zustand, mit dem sich Edelbert Köb, seit 2001 Mumok-Direktor, nicht abfinden wollte: Mithilfe einer die Architektur von Laurids Ortner störenden Brücke ließ er eine durchgehende Ebene für Wechselausstellungen schaffen.

Die Redimensionierung war vom Denkmalamt erzwungen worden, weil es ansonsten der Errichtung des Museumsquartiers nicht zugestimmt hätte. Und weil Kulturministerin Elisabeth Gehrer angekündigt hatte, seinen Bescheid, den sie Kraft ihres Amtes aufheben kann, zu respektieren, egal, wie dieser ausfällt.

Im Sommer 2000 stand ein ähnliches Problem an. Klaus Albrecht Schröder, seit knapp einem Jahr Direktor der Albertina, wollte im Zuge der Renovierung und Erweiterung des Palais eine zweite Halle für Wechselausstellungen (neben der bereits geplanten unterirdischen Basteihalle) errichtet wissen. Und stellte über die Burghauptmannschaft einen Antrag an das Denkmalamt.

Doch dieses lehnte das Vorhaben ab. In dem Bescheid, der dem STANDARD vorliegt, heißt es, dass die Errichtung einer solchen Halle zu "substanziellen Verlusten" führe. Denn die Eingriffe - Räume sollten verschmolzen, Wände, Gänge und Kaminmauern niedergerissen werden - betrafen just den Bereich, in dem die Kupferstichsammlung bereits um das Jahr 1800 aufbewahrt wurde: "Mit den auf die Bau-und Ausstattungsphase unter Herzog Albert von Sachsen-Teschen und Erzherzog Carl zurückgehenden Strukturen und Interieurs ist die wesentliche geschichtliche, kulturelle und künstlerische Gestaltungsepoche der Albertina betroffen. Die Alte Albertina als Keimzelle, als Ursprungsort der weltberühmten Sammlung ungemindert zu bewahren ist Verpflichtung gegenüber dem Genius Loci."

Für eine komplette Erhaltung war es aber bereits zu spät: Im September 1999 (!) hatte Schröder die wandfeste Einrichtung des alten Bibliotheksganges "entfernen" respektive, wie Mitarbeiter berichteten, "zerstören" lassen. Und Gehrer hielt sich nicht an den Bescheid des Denkmalamts: Sie hob ihn auf.

Schröder verfügt daher nun über zwei neue Ausstellungshallen. Was im Zusammenhang mit der Wiener Museumslandschaft zu Diskussionen führt. Dietmar Steiner etwa, Direktor des Architekturzentrums, fragt sich, in wessen Sinn eine Abänderung der Ausrichtung der Albertina, einst "Graphische Sammlung", in "eine Mischung aus Museum moderner Kunst und Wechselausstellungshaus" war. "Tatsache ist: Wir haben nun ein im Verhältnis zur Größe der Stadt gigantisches Überangebot an Wechselausstellungsflächen, aber es fehlen die Besucher dafür."

Die Folge ist ein geradezu grotesker Verdrängungswettbewerb: Neben Kunsthalle, Kunstforum und Kunsthaus konkurrenzieren sich sechs (!) Bundesmuseen - Mumok, MAK, Leopold, Österreichische Galerie, KHM und Albertina - mit Ausstellungen zur Kunst des 20. Jahrhunderts.
(DER STANDARD, Printausgabe, 14.3.2003)


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