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09.02.2003 20:34

Blickfänge im urbanen Raum einer Kulturhauptstadt
"Sight.Seeing", die 4. österreichische Triennale zur Fotografie in Graz



Graz - Die Liste obligater Sehenswürdigkeiten erweitert sich in Graz auf schwer berechenbare Weise. Da kommen Stimmen aus dem Off so mancher Blickzentrierung recht, die stets am glückverheißenden Motiv versteckte Postkartenästhetik mit Hinterfragung zu bereichern. Über das gesamte Stadtgebiet verstreut, auf Plätzen, an Straßen, in Kaufhäusern, Wirtshäusern und öffentlichen Bauten jeder Art stößt der Flaneur auf Arbeiten der vierten österreichischen Fototriennale.

Und wenn die selbst den Blick auf ihre Orte neu zu lenken wissen, indem sie des Beschauers Tun und Lassen einmal als ihr eigen Ziel und Streben fühlbar machen, dann geht das gut und sanft schockierend über die geborgte Bühne. Das macht die eingebaute Schleife hintersinnig. Ein anderes Bild steht plötzlich da, nicht Liebreiz strotzend oder plakativ, bescheiden eher, unaufdringlich und doch noch nie in dieser Form gesehen. Wo Abseitsstellung jede planerische Absicht dämpft, an Stellen, die sich keines langen Blickes würdig je erwiesen, steht fortan künstlerische Position.

Kunst funktioniert, meint der Ausstatter öffentlichen Raums, wenn sie sich einmischt bzw. einschleust und also dort zuhanden ist, wo man sonst an anderes zu denken pflegt. Hier kommt es bald zur schräg gestellten Doppelung der Szenerie: beim Bahnhof am Europaplatz etwa, wo vier weinselige Kumpanen den Titel Grazer Freundschaft illustrieren, im Wohnheim für Senioren, wo sich Kristina Leko die Requisiten eines langen Lebens zeigen ließ, oder im Supermarkt, wo eine typisch alte Dame (erkenntlich gleich an Trachtenhut und Lodenstoff) mit ihrem Wägelchen beschäftigt ist, romantisch fast ins Bild gerückt durch Martin Parr.

Auch wird zum Interaktionismus aufgerufen. Andrea Zapp lässt ihr aus Stellwänden stereotyp gebautes Hotelzimmer per Internet mit Ausblicken versorgen, am Tummelplatz lädt Anna Jermolaeva ein, sich grinsend mittels Ausschnitt unters Puppenvolk zu mischen. Das Lichtschwert an der Oper aber wird in nächster Zeit kein rührend dankbares Motiv abgeben, was der schießwütige Tourist dem Künstler Edwin Zwakman danken darf, der einen UNO-Bagger dort platzierte. Info: Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse. Bis 28. 2. (Ulrich Tragatschnig , DER STANDARD, Printausgabe vom 10.2.2003)


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