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Vienna Art Week: Dichte Kunstszene auf engem Raum

15.11.2010 | 18:51 | BARBARA PETSCH (Die Presse)

Museumsdirektoren aus dem In- und Ausland, Sammler, Galeristen kommen in Wien zusammen, um Interessenten für bildende Kunst, eventuell auch Käufer anzulocken. Crossing Limits lautet diesmal das Motto.

Die Sängerin und Multimediakünstlerin Chilo Eribenne posiert mit erhobenen Händen. Die Tänzerin und Choreografin Anne Juren boxt in die Kamera. Ein Mädchen lehnt wie gestrandet an der Wand – auf Corinne Ruschs „In Situ Installation“ 2010 aus der Serie: „It is Paris Hilton, Paris the Greek Sucker, Paris the city, Paris mon Amour“. Alle drei Arbeiten verbindet: Sie sind bei der sechsten Vienna Art Week (VAW) zu sehen – und zwar ab heute, Dienstag, in der Ausstellung „Art in Urban Transitions“ in der Sammlung Lenikus (Bauernmarkt) sowie in der Galerie Lust (Hollandstraße). Übergänge im urbanen Raum vom Flanieren bis zum Bocksprung können diese Woche auch VAW-Fans absolvieren.

Museumsdirektoren aus dem In- und Ausland, Sammler, Galeristen kommen in Wien zusammen, um Interessenten für bildende Kunst, eventuell auch Käufer anzulocken. „Crossing Limits“ lautet das Motto.

 

Künstlerhaus: Kunstwerke für 80 Euro

Der 2004 auf Initiative des Dorotheums etablierte Verein Art Cluster Vienna soll Kunst (z. B. Museen) und Wirtschaft (z. B. den Handel) vernetzen. Über neue Perspektiven für Museen sprechen heute, Dienstag, u. a. Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco, der Direktor des Liechtenstein-Museums, Johann Kräftner, sowie Peter Noever (MAK) im Wien-Museum (13–15 Uhr). Am Freitag geht es im Dorotheum um private Philanthropie im öffentlichen Bereich. Es treten u. a. Francesca von Habsburg, Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie in Berlin, oder Karola Kraus, neue Direktorin des Mumok, (18.30 Uhr) auf. In weiteren öffentlichen Debatten werden brisante Fragen gestellt – wie etwa „Ist Kunstkritik käuflich?“ – oder „Grenzen, Kontingenzen des Sammelns“ erkundet.

Besucher können sich Ausstellungen bei freiem Eintritt ansehen – z. B. Absolventen der Universität für angewandte Kunst in der von Brigitte Kowanz kuratierten Ausstellung „Story behold, story be told“ im Kunsthistorischen Museum. Sie können aber auch Kunst kaufen: bei der ARTmART im Künstlerhaus ab heute, Dienstag, 13 Uhr. Eine Woche lang kostet jedes Kunstwerk nur 80 Euro.

Bei der Pressekonferenz am Montag erinnerte sich Martin Böhm, Präsident von Art Cluster Vienna, an die schwierigen Anfänge der Initiative, die inzwischen wesentlich dazu beigetragen habe, Wien als vitale Kunststadt zu positionieren – ein Ruf, der weiter ausgebaut werden soll. Belvedere-Chefin Husslein sprach von neuen Projekten wie dem Zwanzgerhaus, dem Liechtenstein-Biedermeier-Museum im ersten Bezirk, der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums, die renoviert wird – sowie dem geplanten Wien-Museum. Fast hätte man bei diesen Ausführungen meinen können, Wien erlebe eine Museumsoffensive, hätte es nicht den Hinweis gegeben, dass viel Geld in Bauten, sehr wenig aber in Ankäufe fließe und das schon seit geraumer Weile. Der Handel profitiert übrigens teilweise von den schmalen öffentlichen Budgets und verkauft seine Kostbarkeiten an potente Privatsammler.

 

Schlingensief bei Thyssen-Bornemisza

Jedenfalls, schloss Husslein: „Nirgends gibt es so eine dichte Kunstszene auf so engem Raum wie in Wien“, die VAW habe für alle einen Schub nach vorne bewirkt. Die Museen erhoffen sich durch die Veranstaltung mehr Zustrom zu ihren laufenden Ausstellungen und bieten zusätzliche Events an: Im Leopold Museum gibt es am 18. November um 18.30 Uhr eine Tanzperformance sowie eine Führung durch die Moderne-Ausstellung aus der Schweizer Sammlung Beyeler. Liechtenstein-Museumschef Kräftner präsentiert Dienstag und Donnerstag die Baustelle in der Fürstengasse und was dort künftig alles stattfinden wird. Das Forum „Thyssen-Bornemisza Art Contemporary“ in der Himmelpfortgasse eröffnet heute, Dienstag, eine Hommage an den verstorbenen Performer Christoph Schlingensief. Freitagnachmittag gibt es ungewohnte Einblicke: in die Ateliers und Studios des Kulturministeriums im 7. und 17. Bezirk. Weitere Studio Visits führen zu Künstlern wie Eva Schlegel, Tillman Kaiser, Constantin Luser, Kathi Hofer.

Wer nach dieser Woche weitere Anregungen braucht, findet sie z. B. bei der Dorotheum-Auktionswoche von 22. bis 26.11. Am 24. und 25.11. stehen moderne und zeitgenössische Kunst auf dem Programm, darunter ein Blick auf die Peterskirche vom Post-Futuristen Gino Severini, Arbeiten von Kolo Moser oder Emil Nolde. Andy Warhol porträtierte 1987 Giuliana Benetton. Bei den Zeitgenossen werden ferner Werke von Arnulf Rainer, Hermann Nitsch angeboten.


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