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Hören mit dem Knie

Bernhard Leitner, Klangkünstler

von Ulrich Weinzierl

Das Paradoxe überrascht gleich zu Beginn. Wer unter den aufgespannten Regenschirmen steht, der bleibt naturgemäß, da es nicht regnet, trocken. Doch statt Wassertropfen ergießen sich auf den Besucher Schallwellen von oben herab.

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Seit 1968 beschäftigt sich Bernhard Leitner mit einer höchst seltsamen Disziplin. Er ist Klangarchitekt und akustischer Wellenreiter, er verfertigt Tonskulpturen und inszeniert Geräuschkulissen. In Zeiten der Reizüberflutung gelten Töne ja meist bloß als Lärmbelästigung. Im Obergeschoss des Wiener Künstlerhauses zeigt Leitner aber nun unter dem Titel "SoundSpaceSound" zehn Installationen, die unser herkömmliches Verständnis vom Hören revolutionieren. Leitner begreift den menschlichen Leib als Resonanzinstrument und erweitert damit unser Körperempfinden ungemein. Er macht die Invasion des Menschen durch Klänge deutlich. Sein verblüffender Leitsatz: "Man hört mit dem Knie besser als mit der Wade" beruht auf Erfahrung. Bei ihm verbindet sich eben Ingenieursnüchternheit mit den sinnlichen Fantasien eines Künstlers. Kein Zweifel: Der Gebrauch von Tönen als bildnerisches Material erfordert äußerste, mathematische Präzision. Ohne sie bräche alles in sich zusammen.

So bietet die Ausstellung "SoundSpaceSound" schlicht und einfach Sensationen, das Wort beim Wort genommen. Denn - vibrierend - spüren wir buchstäblich Unerhörtes, der Zauber der Synästhesie wird sinnfällig. Zum Beispiel lässt sich ganz ungeniert durch einem Tonsumpf waten. Die über den Saalboden verstreuten Lautsprecher sind mit polierten Marmorplatten verdeckt. Nebelgleich umwabern die Schallwellen unsere Füße.

Eine der eindrucksvollsten Installationen heißt "Klangverspiegelt". Bildflächen reflektieren den von Parabolspiegeln projizierten Klang. Da ist Goethes Definition von Architektur "als gefrorener Musik" nicht weit.

Bis 21. Juli

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