Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte
Ausstellung

Die Nacht gebiert Ornamente

Alfons Mucha: Die Allegorie Bosnien-Herzegowinas (Ausschnitt). Foto: Mucha Trust 2009/ Museum of Decorative Arts, Prag

Alfons Mucha: Die Allegorie Bosnien-Herzegowinas (Ausschnitt). Foto: Mucha Trust 2009/ Museum of Decorative Arts, Prag

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Das Belvedere lässt auf Klimt und die rekonstruierte "Kunstschau" die französische Variante des Jugendstils mit "Alfons Mucha" folgen. Der 1860 in Ivanèice geborene Altösterreicher ist nicht minder weltberühmt, und auch er bekommt seine große Rekonstruktion: Erstmals ist der Innenraum des Pavillons von Bosnien und Herzegowina für die Pariser Weltausstellung von 1900 mit seinen riesigen Temperagemälden voller märchenhafter Geschichtsallegorien gesamt zu sehen.

In der Ausstellung wird vor allem die frühe Münchner und Pariser Zeit sowie die späten Aktivitäten in Prag berücksichtigt – sie lässt nur die Tätigkeiten als Porträt- und Bühnenmaler in Chicago und New York aus. Daher kann man sie als große Retrospektive bezeichnen, die nach Montpellier und in die Münchner Hypo-Kunsthalle weiterzieht.

Mucha ist das Paradebeispiel des vorerst Verkannten: Die Akademie in Prag lehnte ihn 1877 ab, die Theaterwerkstätten in Wien entließen ihn 1881 nach dem Ringtheaterbrand. Hätten die Grafen Eduard und Egon Khuen-Belassi ihn nicht gefördert, wäre sein Studium in München und Paris gescheitert.

Hier setzt die Schau ihren Auftakt, vor allem mit den berühmten Plakaten des Künstlers nach seiner Pariser Akademiezeit. 1894 hatte Mucha ein erstes Plakat für Sarah Bernhardt als "Gismonda" entworfen – sein sechsjähriger Vertrag mit ihr war neben dem Auftritt im Salon der künstlerische Durchbruch.

Leider wurde sein "Pavillon de l’Homme" nicht umgesetzt, heute wäre er wohl die Pariser Attraktion. Dabei lässt sich hier – wie in den vielen schwarzen, inhaltlich düsteren Pastellen – der Zeitgeist des Darwinismus und slawischen Nationalismus spüren. Zusätzlich träumt Mucha in seinen Kinderbuch- oder den "Vaterunser"-Illustrationen von der Einheit aller Menschen.

Dies bestimmt auch das von Charles R. Crane finanzierte und der Stadt Prag 1928 übergebene Monumentalprojekt "Slawisches Epos", das Mucha ab 1898 beschäftigte.

Den Schlusspunkt bildet der Glasfensterentwurf für den St. Veitsdom 1931. Die Verhaftung durch die Gestapo 1939 überlebte der Neunundsiebzigjährige nur kurz. "Das Zeitalter des Verstandes, der Weisheit und der Liebe" – wie sein letztes Triptychon betitelt ist – war in sein Gegenteil umgeschlagen.

Aufzählung Ausstellung

Alfons Mucha

Jean Louis Gallemin (Kurator) Unteres Belvedere Zu sehen bis 1. Juni

Printausgabe vom Donnerstag, 12. Februar 2009

Kommentar senden:
Name:

Mail:

Überschrift:

Text (max. 1500 Zeichen):

Postadresse:*


* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at