Ten Years After

Das "Museum im Kopf" sorgte zehn Jahre lang für einen museologischen Diskurs in Wien, nun löst sich der Arbeitskreis auf.
Von Sabine Oppolzer.


"Museum im Kopf" war der Name eines kritischen Arbeitskreises, der vor 10 Jahren am Wiener Institut für Wissenschaft und Kunst gegründet wurde. Er lud im Rahmen einer Vortragsreihe internationale Museumsfachleute, Künstler und Psychoanalytiker zum Gegen- und Weiterdenken von Museums- und Ausstellungsideen ein. Eine Initiative, die nicht in der breiten Öffentlichkeit, aber in Insiderkreisen bekannt war und Museen aus oft sehr unkonventioneller Perspektive beleuchtete. Heuer werden die Aktivitäten wegen personeller Veränderungen eingestellt.

Unruhestifter im Kopf

Ein museologisches Denklabor als Unruhestifter wollte das "Museum im Kopf" immer sein. Kritisch hinterfragte man, ob neue Museumskonzepte tatsächlich auf eine McDonalds-Generation zugeschnitten werden müssten und ob hier nicht statt Kreativität zielloses Edutainment betrieben würde.

Dem "Museum im Kopf"-Mitglied Herbert Posch fehlten in dem öffentlichen Diskurs bisher die inhaltlichen Tiefen: "Die Diskussionen, die im Museumsbereich stattfinden, werden reduziert, zum Beispiel bei der Privatisierung der Museen, auf rein ökonomische und juridische Probleme und Fragestellungen, es wird eigentlich nicht öffentlich diskutiert."

Gegendiskurs im IWK

An dieser Stelle wollte sich das "Museum im Kopf" einschalten und einen Gegendiskurs initiieren. Neben Museumsleuten und Kuratoren wie Harald Szeemann oder Gottfried Korff wurden vor allem Referenten anderer Disziplinen ins IWK geladen. So präsentierte etwa der Psychoanalytiker Karl Josef Pazzini das Museum als Symptom unserer Gesellschaft und untersuchte, inwieweit Museen zur Aggressionsbewältigung dienen könnten.

Exponate "zum Fressen gern"

Zum Thema Aggression kam auch ein spannender Beitrag aus Basel von Corinne Eichenberger. Sie untersuchte die Frage: Wie kommen die Tiere ins Museum? "Museum im Kopf"-Mitlgied Eva Sturm erzählt: "Da gab's dann zum Beispiel einen Fall, wo ein Hirsch gefehlt hat. Es war ziemlich schwierig einen bestimmten Hirsch zu bekommen und dann wurde einer geschossen, der nicht makellos war, also wurde ein zweiter geschossen. Aus zwei Hirschen wurde dann einer gebaut und das Museumspersonal hat den Rest aufgegessen. Das ist ein Beispiel dafür, wie ein Objekt ins Museum kommt. Diese Geschichten werden normalerweise nicht miterzählt, obwohl sehr viel an Kultur und an Unkultur in ihnen steckt."

Kurz, "Museum im Kopf" beleuchtete Museen aus sehr schrägen Perspektiven: als Bühnen, als Zeitgeistinstitutionen unserer Gesellschaft. Herbert Posch: "Eine Referentin hat einen museumstheoretischen Vortrag zum Thema 'how to dress for an exhibition' gehalten und darin die Frage behandelt, wie Repräsentation und Selbstrepräsentation im Museum stattfinden."

Letzte Chance: Vorbei!

Die einzelnen Referate wurden im Laufe der zehn Jahre vom ehrenamtlich arbeitenden dreiköpfigen Arbeitskreis mit einem Jahresbudget von maximal 30.000 Schilling organisiert. Sie sind in der Publikation "Seiteneingänge - Museumsidee und Ausstellungsweisen" versammelt, die am 26. Juni im Rahmen des Abschlussfestes im IWK präsentiert wurden.

Laut spartanischer Homepage eine vorläufig letzte Möglichkeit, dem Motto von "Museum im Kopf" zu folgen: "Wie ein näher und ferner und immer wieder neu zu umkreisendes Phänomen entsteht das Museum im Diskurs, bildet sich im Kopf, welcher nur deshalb rund ist, damit - wie Francis Picabia zurecht konstatiert - die Gedanken die Richtung wechseln können."

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