Salzburger Nachrichten am 01. Februar 2002 - Bereich: kultur
Ihr ganz besonderer Blick

Die aus Österreich stammende Fotografin Inge Morath ist am Mittwoch im Alter von 79 Jahren in einem New Yorker Krankenhaus gestorben.

WERNER THUSWALDNER

Es war nicht ihr fester Vorsatz, Fotografin zu werden. Zum Metier, in dem sie dann überaus große und international anerkannte Erfolge hatte, wurde sie ein wenig genötigt. Denn sie war zunächst journalistisch tätig. Nach 1945 arbeitete sie in den ganz jungen "Salzburger Nachrichten" in der Bergstraße beim "United States Information Service". 1946 ging sie zum "Kurier" nach Wien. Ihr Interesse galt vor allem der Literatur. 1949 verließ sie Wien und ging mit dem Fotografen Ernst Haas nach Paris, wo sie mit der berühmten Fotoagentur "Magnum" in Kontakt kam. Hier lernte sie den Fotografen Henri Cartier-Bresson kennen. Sie verstand sich aber immer noch als schreibende Journalistin. Die Wende brachte eine Vendig-Reportage, zu der sie im Auftrag der Redaktion auch die Fotos liefern sollte.

Mit Cartier-Bresson spann sie Kontakte nach New York. Sie fotografierte die "Stills" des Films "The Misfits", zu dem Arthur Miller das Drehbuch geschrieben hatte. Es war Marilyn Monroes letzter Film. 1962 heirateten Miller und Morath, seitdem lebte die Fotografin vor allem in den USA. Sie unternahm mit dem Dramatiker viele fotografisch ertragreiche Weltreisen (etwa auch in den damals noch schwer zugänglichen Osten), die in Fotobänden ihren Niederschlag fanden.

Inge Morath, eine quirlige, sportliche Dame, die sich nicht viel aus ihrer eigenen Berühmtheit und jener ihres Mannes machte, hatte einen genauen Blick für die Befindlichkeit der Menschen, der Art, wie sie leben, was sie bewegt und bedrückt. Sie suchte nicht das Spektakuläre, hatte aber ein Gespür für das Absurde. Vielen hat sich etwa ihr Bild von einem neugierigen Lama eingeprägt, das aus einem New Yorker Taxi schaut.

Ihr umfassendes Werk wurde vielfach ausgestellt, auch von Museen, und ihre spezifische Art der subtilen Reportage, die sich in gro-ßen Zyklen darstellte, international geschätzt. Sie ist eine Journalistin geblieben, eine im besten Sinn, die es verstanden hat, den berichtenden Ansatz in künstlerische Höhen zu transformieren.

Inge Morath, 1923 in Graz geboren, kam immer wieder nach Österreich. Salzburg mochte sie gerne. Hier veröffentlichte die Galerie Fotohof eine Reihe von Bildbänden, die im Verlag Otto Müller erschienen sind.