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06.03.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Sündenfall im Dorfmuseum | ![]() |
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VON ANNE-CATHERINE SIMON | ![]() |
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Ein Kunstdieb outet sich. Wie Stéphane Breitwieser Werke mit Milliardenwert stahl. | ![]() |
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E Breitwieser, nach Haftstrafen in der Schweiz und
Frankreich seit kurzem wieder auf freiem Fuß, hat dem Schriftsteller
Pierre Assouline ein Interview gegeben (veröffentlicht in der Tageszeitung
"Nouvel Observateur"). Nur ihm - denn Assouline hatte ihn einmal mit
berühmten Kunstsammlern verglichen, mit dem einzigen Unterschied, dass
Breitwieser kein Geld habe. Breitwieser fühlte sich verstanden. Für das Londoner "Art Loss Register", das sich um
gestohlene Kunst kümmert, ist der heute 34-Jährige ein einzigartiger Fall
in der Geschichte des Kunstdiebstahls: Er stahl allein aus purer
Liebhaberei. So einzigartig wie tragisch war auch das Ende seiner
"Sammlung". Jahrelang hortete er seine Schätze in zwei Zimmern des
mütterlichen Hauses, nahe Straßburg. Nach seiner Verhaftung entledigte
sich seine Mutter des "Krempels" - angeblich unwissend um den Wert, aber
um ihren Sohn zu bestrafen; sie hasste ihn für seine Sammlerleidenschaft.
Rund 60 Leinwände landeten zerschnitten im Müll, 109
Gegenstände im Rhein-Rhône-Kanal, einige am Rand einer Autobahn und in
einer Kapelle. Ein Bauer habe drei Gemälde im Wald gefunden "und in seinen
Hühnerstall gestellt, damit die Hennen darauf schlafen können", erzählt
Breitwieser. 112 Gegenstände wurden geborgen, im Wert von rund 46
Millionen Euro. Den Wert des gesamten Diebsguts schätzt ein Gutachter auf
1,5 Milliarden. Sein "Kafarnaum", nennt Breitwieser die mütterliche
Aktion. Es war offenbar nicht das erste Trauma des laut Gericht extrem
narzisstischen und leicht größenwahnsinnigen Kunstbesessenen. Sein Vater
habe eine Kunst- und Möbelsammlung gehabt, nach der Scheidung - Stéphane
war 18 - habe er alles mitgenommen. "Von einem Tag auf den anderen sind
wir von einem Mobiliar ,Louis-Philippe' und ,Empire' zu Ikea gewechselt.
Etwas war zerbrochen." Stéphane beginnt, sich auf Flohmärkten
herumzutreiben, dann in Antiquariaten, aber ihm fehlt das Geld (er ist
Student, Verkäufer, Kellner). Der Sündenfall findet 1994 in einem Dorfmuseum statt.
Einer Pistole aus dem 16. Jahrhundert in einer offenen Vitrine kann
er nicht widerstehen. Sein Vater hatte auch eine Waffensammlung. "Ihm
gegenüber war es eine Art Rache." Allmählich konzentriert sich Breitwieser
aber auf seine Lieblingsepoche, die flämische Kunst des 15. bis
17. Jahrhunderts. Er habe immer "spontan" gestohlen, nie im Vorhinein
gewusst, was er entwenden wollte, beteuert er. In Anvers lässt er einen
kleinen Brueghel mitgehen - "die Wärter brauchten zwei Tage, um es zu
bemerken"; in Angers dauerte es gar drei Monate. Manchmal verändert
Breitwieser einfach die Ausrichtung einer Überwachungskamera. Nur
Bewegungsmelder seien wirksam, versichert er. In sieben europäischen Ländern (Frankreich, Holland,
Belgien, Dänemark, Schweiz, Deutschland, Österreich) hat Breitwieser
Kunstwerke gestohlen. Überall seien die Sicherheitsvorkehrungen
unzulänglich, in Frankreich geradezu katastrophal, meint er. Das sei auch
der Grund, warum nur eines von fünf Museen ihn vor Gericht geklagt habe.
"Es ist ihnen lieber, wenn keine Details bekannt werden." Breitwieser hätte sich gewünscht, "als großer Kunstdieb
in die Annalen einzugehen". Nun will er versuchen, wieder Arbeit zu finden
- als Kunstexperte. |
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