Noch bis zum 31. Oktober ist im Wiener MUMOK Mike Kelley's Ausstellung
"Das Unheimliche" zu sehen
Die abgründige Liebe zum Skulpturalen und Absonderlichen
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer Ein Harem voll bizarrer
Figuren, Skulpturen und Installationen - die Ausstellung "Das Unheimliche"
des US-Künstler-Kurators Mike Kelley zeigt das breite Spektrum des
Unheimlichen als Anhäufung von Seltsamkeiten menschlicher Existenz und
künstlerischer Ausdruckskraft.
Mike Kelley ist einer der bekanntesten Künstler der
USA; er verbindet wissenschaftliches Vorgehen, neue Skulptur, Installation
und Aktionismus und liebt die Doppelrolle des Künstler-Kurators. Seine
Vorliebe für Wien zeigt er bis 31. Oktober auf Ebene 6 des MUMOK mit
seiner Ausstellung "Das Unheimliche", benannt nach einem Aufsatz von
Sigmund Freud aus dem Jahr 1919. "The Uncanny" wurde davor in Arnheim und
der Tate Liverpool 2004 präsentiert. Die "Heimkehr" der Idee nach Wien ist
als logischer Endpunkt zu sehen: Kelley hat Exponate aus dem Wiener
Pathologisch-anatomischen und dem kuriosen Prater-Museum in die
Ausstellung integriert. Dazu gesellen sich einige Beispiele des
Hyperrealismus aus den Beständen des MUMOK sowie Tierpräparate aus dem
Naturhistorischen Museum und viele rare Sammlerobjekte aus Privatbesitz.
Was anfangs wie ein bunt gewürfelter Haufen von Wieder- oder
Doppelgängern anmutet (wobei diese Spezies nach Freud, aber auch E.T.A.
Hoffmann schon allein für das Unheimliche verantwortlich sind), ist trotz
demokratischem Konzept Kelleys Ausstellung denn doch viel komplizierter:
Die Aura des Unheimlichen ist nach Freuds archäologischer Schürfmethode in
unser Unbewusstes in vielen Erscheinungsformen der polychromen Skulptur
erklärbar; diese oft dem Kitsch naheliegende Ausformung des Hyperrealismus
kann sich im Spiel zwischen Kunst, Wissenschaft und Leben bewegen. Die
Tradition reicht dabei von den ägyptischen Usheptis (Grabbeigaben) über
die Puppen und Automaten bis hin zu medizinischen Objekten aus dem 19.
Jahrhundert. Ganz nebenbei stellt Kelley mit bemalten Skulpturen, die
einen Verwechslungseffekt auslösen, auch Fragen an die Institution Museum
oder der fetischistischen Neigung der Sammler: Wobei der Künstler selbst
auch mit seiner Sammler-Kollektion seit Kindheit auftritt - von Murmeln
und Quietschpuppen, bis zum Sexheft oder der Spruchfahne aus religiösem
Kontext. Diese Anhäufung von Seltsamkeiten menschlicher Existenz nennt er
"Harem". Die auch in der heutigen Malerei spürbare Neigung zur
Figuration und neuem Realismus ist also mit Kelleys Thesen auch der
Skulptur nahe gerückt, allen post-konzeptuellen oder -minimalistischen
Tendenzen zum Trotz. Die Amerikaner haben ein unverkrampfteres
Verhältnis zum Hyperrealismus: die Andy-Warhol-Puppe, die in Gesten und
Tonbandaufnahmen die Philosophie des Künstlers nachplappert, spricht da
Bände. In dieselbe Kerbe schlagen Duane Hanson, John de Andrea, Edward
Kienholz, Jeff Koons. Hingegen konzentrierten sich die Europäer mehr auf
den wissenschaftlichen Aspekt: Die doch eher obsessiv anmutenden Puppen
eines Bellmer, die Querschnitte eines Paul Thek, die Formalinpräparate
eines Damian Hirst. Das Unheimliche geisterhafter Wiedergänger
unterstreicht Tony Oursler mit seinen Video-Zimmer-Installationen, auch
Cindy Sherman, Christo, Judy Fox agieren in diesen Gefilden sowie all die
anonymen Puppenmacher, die King-Kong- oder Frankenstein-Devotionalien
herstellen.
Erschienen am: 11.08.2004 |
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