Lassnigs kompakte Plastiken

Maria Lassnigs Weg zu Skulpturen.


Kaum jemand weiß, dass die Malerin Maria Lassnig schon seit mehr als 50 Jahren auch zeitweise Plastiken macht. Es entstehen Köpfe oder kleine Figurengruppen aus Bronze oder Aluminium.

Wie und wann Skulputen entstehen

In welchen Situationen hat sie das Bedürfnis, statt eines Bildes eine Skulptur zu gestalten? In Museen sah sie immer wieder Skulpturen, die sie anregten, sich auch in diesem Medium zu versuchen. Maria Lassnig: "Schon 1945 hab' ich die erste Skulptur gemacht. Ich kann mich erinnern, wie begeistert ich war - das Mädchen, das ich da portätiert habe, war wirklich gut getroffen. Das war aus Ton, und ich hab's stehen gelassen. Dann bin ich länger nicht im Atelier gewesen, und die Skulptur ist gefroren. Schließlich war sie durch den Frost zersprengt."

Bei der Gusstechnik, die sie meistens anwendet, kann das nicht passieren. Oft formt sie die Modelle für den Guss aus Eisengestellen, die sie mit gipsgetränkten Streifen umwickelt. Deutlich zu sehen ist das bei den zwei Kreaturen in "Die Verlorenen".

Die Verlorenen, 1998/99 (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Maria Lassnig
Die Verlorenen, 1998/99 (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Maria Lassnig
An dem Gitter lehnen gestauchte, augenlose Wesen, wie man sie aus den Ölbildern von Maria Lassnig kennt. Was man sieht, ist die dreidimensionale Entsprechung zu der von ihr so genannten Körperbewusstseins-
malerei, wo sich der eigene Körper nicht in den wirklichen Formen und Proportionen abbildet, sondern gemäß Körper-Empfindungen wie Druck, Schwere oder Spannung.

Aus Maria Lassnigs amerikanischer Zeit in den 70er Jahren stammt die "Sexgöttin", die an ein Idolfigürchen erinnert. "Unten ist sie eine Frau, oben ein Phallus", erklärt Maria Lassnig die Skulptur. "Der ideale Mensch müsste eigentlich androgyn sein. Er muss gescheit sein, sexy sein - alles."

Sexgöttin, 1978 / ©Bild: Maria Lassnig
Sexgöttin, 1978 / ©Bild: Maria Lassnig

Vom Leben in New York

Und in einer grünschwarzen Kopfskulptur mit den Zügen der Künstlerin stecken scharfkantige Fensterglas-Bruchstücke. "Da hab' ich fast den 11. September vorausgeahnt", sagt Maria Lassnig, und sofort denkt man an die Bilder der mit Schnittwunden übersäten Terroropfer.

Glas im schwarzen Kopf, o.J. (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Maria Lassnig
Glas im schwarzen Kopf, o.J. (Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Maria Lassnig
Wie hat sie selbst, die ja über zehn Jahre in New York gewohnt hat, den Einsturz der Twin Towers erlebt? "Besonders schön habe ich die Türme ja nie gefunden", meint Maria Lassnig, aber sie war entsetzt über die Art, wie die Menschen in den Towers umgekommen sind. Mit ihrer Freundin in Amerika diskutierte sie immer wieder über das Selbstbewusstsein der Amerikaner und warnte vor übertriebener Euphorie. Ihr Freundin lud sie immer wieder nach Amerika ein, sollte in Europa eine Krise ausbrechen. Heute spricht sie über die liebevolle Naivität dieser Freundin und wie sehr die Ereignisse des 11. September die Verhältnisse umgedreht hätten.

Tipp:

Maria Lassnig, "Eine andere Dimension". Skulpturenausstellung in der Galerie Ulysses (bis 26. Juli).

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