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Moskau: Österreichische Kunst im Zarenpalais

18.05.2011 | 17:50 | von Eduard Steiner, Moskau (Die Presse)

Noch nie wurde in Russlands Hauptstadt eine derart umfangreiche Ausstellung österreichischer zeitgenössischer Kunst gezeigt. Viele Objekte wurden eigens dafür geschaffen: „Austria Davaj!“ eröffnet am Freitag.

Man ist geneigt, es der Wirkung der österreichischen Kunst zuzuschreiben, wenn selbst die Polizistin am Eingang zum Staatlichen Architekturmuseum in Moskau (MUAR) eine hierzulande sonst so versteckte Herzlichkeit, gepaart mit lächelnder Neugier an den Tag legt. Gut möglich freilich, dass die Weite des ehemaligen zaristischen Palais, in dem das MUAR untergebracht ist, für sich allein gemütsaufhellend wirkt. Gewiss, nach 70 Jahren Sowjetzeit und postsowjetischer Ölboom-Ignoranz herrscht Restaurationsbedarf. „Gut, dass die Krise gekommen ist und den kulturzerstörerischen Neubauwahn unterbrochen hat“, sagt Irina Korobina, Chefin des MUAR.
In jedem Fall gut, dass Österreichs Gegenwartskunst es endlich in einer umfangreichen Schau nach Moskau geschafft hat. „Austria Davaj!“ nennt sich die Ausstellung, die am Freitag eröffnet wird und „in 17 ausgewählten Positionen Licht auf österreichische Kreativität abseits kurzlebiger Trends“ wirft, wie Martina Kandeler-Fritsch, Interimsgeschäftsführerin des MAK Wien, erklärt. Vorgänger Peter Noever hatte die Schau angedacht und den Bogen zur Präsentation russischer Kunst („Davaj! Russian Art Now“) vor neun Jahren in Wien gespannt.

Kowanz, Domenig, Wakolbinger


Als nussförmige Riesenarme treten Skulpturen des oberösterreichischen Künstlers Manfred Wakolbinger in Beziehung mit den kahlen Museumsräumen. Gleich am Eingang, der Polizistin gegenüber, sucht Brigitte Kowanz mit einem als Strahlenkranz gestalteten „Morsealphabet“ neue Formen der Wirklichkeitsdarstellung. Gegen die Vereinheitlichung des guten Geschmacks designt Stefan Sagmeister einen Raum im MUAR. Das Wiener Duo Walking-Chair lehrt Stühle das Laufen. Daneben Werke von Otto Muehl, Erwin Wurm und Franz West, vertreten durch ein pinkes „Inventar mit Moskauer Würfel“. Auch Günther Domenig und Georg Driendl als Vertreter der Architektur fehlen nicht.
Man sehe „17 künstlerische Positionen, die in ihrem Bereich maßgebende Impulse setzen und sich zugleich jeder tradierten Kategorisierung entziehen“, erklärt MAK-Chefin Kandeler-Fritsch: „In ihrer künstlerischen Vielschichtigkeit spiegelt sich nicht nur das kreative Potenzial Österreichs wider, sie behandelt auch das Thema Repräsentation auf unterschiedlichen Ebenen und in differenzierter Weise.“
Viele Objekte wurden eigens für diese Ausstellung geschaffen. Auch das MUAR musste einige wenige Adaptierungen vornehmen. Im Übrigen hielt sich die Kooperationsbereitschaft selbst beim Putzdienst in Grenzen, sodass die Kosten für die österreichischen Teilnehmer stiegen, wie man hört. Der Titel der Schau kann auch als Arbeitsaufforderung gelesen werden: „Austria Davaj!“ heißt nichts anderes als „Österreich, auf geht's, los!“.


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