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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
21. März 2007
18:21 MEZ
Messefieber in der Wüste
Seit Jahrzehnten arbeitet das kleine Emirat Sharjah an seinem Ruf als Kulturhauptstadt der Emirate, baute über dreißig Museen und gründete 1993 eine kleine, aber feine Kunstbiennale

Dubai – DIFC Gulf Art Fair im International Financial Centre von Dubai: Jetzt muss dieser Ruf geteilt werden, plötzlich entdecken auch die reicheren Nachbarn Abu Dhabi und Dubai den Mehrwert der Kultur, und dies nicht in alkoholfreier Nüchternheit wie in Sharjah, sondern in Saus und Braus.

Während Abu Dhabi noch in der Planung des Super-Kulturbezirks mit Guggenheim, Louvre und 19 Biennale-Pavillons auf "Saadyiat Island" steckt, hat Dubai jetzt die erste Kunstmesse in den Emiraten eröffnet, mit Quadratmeterpreisen von 600 Dollar die bisher teuerste aller Kunstmessen.

Im grassierenden Messefieber wird es nicht einmal die einzige in den Emiraten bleiben: Ende November folgt bereits die nächste in Abu Dhabi, vorerst platziert im pompösen Sechs-Sterne-Luxushotel "Emirates Palace". Nur sechzehn Monate Vorbereitungszeit hatten der Londoner Händler John Martin und sein britischer Banker-Freund Benedict Floyd, die zusammen die "Gulf Art Fair" erfunden haben und veranstalten. Unter der Schirmherrschaft von Princess Haya Bint Al Hussein, Ehefrau des Scheichs von Dubai, fand die verhaltene Premiere in Ferien-Atmosphäre in der Hotelanlage "Madinat Jumeirah" direkt am Strand statt.

41 internationale Galerien, darunter mit The Third Line nur eine aus Dubai, tasteten sich vorsichtig an den noch unbekannten, arabischen Markt heran, zeigten klischeefreudig viel Goldfarbenes, Pferde- und Falkenbilder; dazu Kleinformate von Wahrhol und Basquiat an fast jedem Stand, Nam June Paik bei Continua aus Peking, viel Damien Hirst bei White Cube aus London und Pekin Fine Art aus Peking, Picasso bei Mauroner aus Wien und Erwin Wurms Melting Guggenheim bei Krinzinger, das sofort verkauft war. Die Auswahl der Werke war vorab kontrolliert worden, und auch wenn niemand von Zensur sprechen will, gelten doch strenge Regeln: keine Nackten vor allem und, dem Bilderverbot des Islam entsprechend, möglichst Abstraktionen. Gegen Ende der Messe stellte sich endlich Begeisterung ein ob der angereisten indischen und der informationshungrigen lokalen Sammler, die vor allem am letzten Tag kauften.

Und so entschlossen sich nahezu alle Galerien, im nächsten Jahr wieder teilzunehmen. Die Messe wird 2008 im modernen Messezentrum stattfinden, nahe der zehnspurigen Hauptstraße, die inmitten der spiegelnden Hochhäuser Dubais verläuft und nachts als Rennstrecke der Scheichsöhne – die bald ihre Ferrari-Sammlungen um Kunst erweitern werden – dient. Entsprechend der hauseigenen Marktstrategie fungierte Sotheby’s übrigens als Sponsor des an gebotenen Education Programme. (Sabine B. Vogel / DER STANDARD, Printausgabe, 22.03.2007)


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