Hauptmenu . _
Hauptmenu
Hauptmenu Hauptmenu Hauptmenu
Hauptmenu .

Linkmap

.
. .

Quer durch Galerien

Wenn der Cowboy zweimal reitet

Von Claudia Aigner

Das österreichische Webverzeichnis!Damals, als die Cowboys noch jeden Abend romantisch im Westen untergingen (einsam am Horizont - einsam? Nein, immerhin gemeinsam mit der Sonne und mit ihrem Pferd natürlich), da klirrten die Sporen noch durch die Prärie, klimperten entschlossen vorwärts, immer dem "Duell in der Sonne" entgegen. Und der Wilde Westen war durchzogen von verwegen dreckigen Fingernägeln, die manikürt worden waren von dem, was man "Für eine Handvoll Dollar" eben so tut, oder manikürt vom "Faustrecht der Prärie" (denn die Prärie ist kein Mädchenpensionat). Und da wurden die Schießeisen gezückt wie - die Handys.
Und die Colts rauchten, wie heutzutage die Ohrwascheln dampfen (vor lauter Telekommunikation). Die Kugeln flogen den Leuten um die Ohren wie uns heute die Klingeltöne. Und kaum einer schrieb so schnell eine SMS wie Jesse James. SMS? Ja, schließlich ist auch ein Revolver ein mobiles Kommunikationsgerät. Für prägnante Kurzmitteilungen. Ich hab' da nämlich eine Theorie: Der Revolver ist die primitive Vorform des Mobiltelefons. Bzw. eher eine Art Morseapparat, der halt serienmäßig mit "Ballistik" ausgestattet ist. Und die Revolverhelden sind eigentlich SMS-Helden, die sich eben kurz fassen mussten, weil die Trommel eines Revolvers ja nur sechs Kammern hat. Und suchten in Abkürzungen Zuflucht: "DH" (für, englisch: "Die hard", stirb langsam, eigentlich: "Stirb schwer" - lang, kurz, kurz, dann: kurz, kurz, kurz, nachladen, kurz). Antwort: "DHR" (für: "Die harder", stirb noch schwerer; lang, kurz, kurz, dann: kurz, kurz, kurz, nachladen, kurz und dann: kurz, lang, kurz). Und Minimalisten, Schweigsame, die eine Gesprächskultur haben wie Klaus Kinski als Kopfgeldjäger, drücken nur einmal kurz ab. Das Morse-E. E wie Exitus. Abgang. Stirb zur rechten Zeit (wie Nietzsche sagen würde)!
Und nur wegen dem dauernden Nachladen, das die Kommunikation beträchtlich stört, kommt es uns so vor, wenn wir uns etwa Dokumentarfilme anschauen wie: "Gib dem Gringo Blei", "Kill ihn noch mal, Sam", "Manche mögen's steif" oder: "Drei Särge für Charlie" (kann sein, dass ich da was durcheinandergebracht hab'), als würden da alle nur wahllos herumballern, ohne Sinn für Sprachrhythmus, als würden sie also quasi in freien Rhythmen morsen.
Phillip Zaiser ist nun eindeutig ein Fan der Italo-Brutalos. Und lädt uns mit dem nötigen Humor und Zynismus ins Blei-Milieu ein, wo sie sozusagen alleweil das Wiegenlied vom Mr. Colt anstimmen. (Bis 17. August im Hilger Contemporary, Dorotheergasse 5.)
Hilger Contemporary: Wann geht der nächste Sattel?
Schon die Titel jener Italo-Western, die wir alle kennen, verraten, worum's ihnen geht: "Die rechte und die linke Schwinge des Aasgeiers", "Bis zum letzten Sarg", "Kalt im Wald", "Wenn der Cowboy zweimal reitet" (gut, das klingt harmlos) oder "Keinen Kopf für Ringos Cent" (das muss ein Melodram über einen glücklosen Kopfgeldjäger sein, aber wäre es dann nicht logischer, hieße der Film: "Keinen Cent für Ringos Kopf"?). Nein, ich glaub', die Filme kennt doch keiner außer mir. Da dürfte meine Italo-Fantasie ein bissl mit mir durchgegangen sein. Dennoch: Es geht eindeutig um völlig undiplomatische Zwischenmenschlichkeit, um sonnenversengte, anschaulich egoistische Grausamkeit.
Das absolute Glanzstück der Schau, in dem sich der fundamentale Autismus der Westernheroen auf brillant einfache, eindrückliche und zugleich heimwerkerisch aufwändige Weise verdichtet: der "Lone heart saloon". Ein Saloon, wo der Lonesome Cowboy in "Einzelhaft" (so der Untertitel) ist, wie man sich ja ansonsten nur aufs Häusl in Klausur begibt, in die Stoffwechsel-Kemenate. Auf den ersten Blick könnte es ja tatsächlich ein Plumpsklo in Saloon-Optik (und im Design des Waldes) sein. Und man denkt voreilig: Reitet da drin der einsame Cowboy, einer von denen, die immer gerade noch das letzte Pferd zum Horizont erwischen, nie den letzten Sattel verpassen (vor Betriebsschluss der Pferde) und also nie den Bus nehmen müssen, reitet da so einer (mit todesverachtender Lässigkeit) auf der Klomuschel oder dem Plumpsbalken, zwar nicht in den Sonnenuntergang, aber in die totale Erleichterung? Bevor man einkehrt, kann man sogar draußen sein Pferd stilecht anbinden, beim "Pferdeparkplatz". Mit allen Details ist der Ein-Mann-Saloon drinnen liebevoll eingerichtet: mit Theke, Whiskyflasche (weil die Fettleber die männliche Form vom Kummerspeck ist) und gar einem Spucknapf.
Und irgendwo draußen verschafft uns ein Teppich (Motiv: ein lebensgroßer "gefallener" Cowboy) das Gehgefühl von Klaus Kinski. Denn: "Leichen pflastern seinen Weg", wie wir wissen. Und der Baum mit Steckdose im Stamm und der Axt davor (mit Kabel und Stecker, aber nicht angesteckt)? Der Thanatos der Bäume? Ihr Selbstrodungstrieb? Ihre Brennholzsehnsucht? Oder ist das eine Selbstbedienungssargfabrik? Soll der Cowboy sich da seinen Sarg selber schlägern? Als Bestattungsvorsorge? Momenterl: eine elektrische Axt? Da ist aber einer sehr stromgläubig. Solange es keine Schi mit Rückwärtsgang gibt und Rollerblades mit Schubumkehr, darf so was einfach nicht existieren! Allesamt höchst "psychologische" Arbeiten.

Galerie Kargl: Die Asozialen - Märtyrer aus Langeweile

Jetzt hat sich die Jugend also doch "aufg'hängt". Jedenfalls ein paar von denen. Wahrscheinlich aus Apathie. Infolge von traumatisierender Langeweile. Und wer drückt jetzt die Tasten "Alt.", "Ctrl." und "Del." und startet sie neu? Muntean und Rosenblum sicher nicht. Denn sie waren es ja, die sie angehalten haben. Mitten im Trubel einer Kfz-Werkstatt. Da verharren die Burschen und Mädeln in irritierender Starre, verzückt entrückt, mit seligem oder verlorenem Blick, lauter Schmerzensmänner und -frauen oder hingebungsvolle "Pietisten", während das religiöse Pathos noch erbarmungslos von pompös schwülstigen Barockgesängen aufgeputscht wird. Titel des "schwerwiegend mysteriösen" Videos über die Lage der Jugend: "Not to be. Not to be at all."
Ganz wie man's auch von den Malereien und Zeichnungen des Künstlerpaars gewohnt ist (mit den aufdringlich "tiefsinnigen" Untertiteln). Menschen, die sich in die manierierten Posen der Models werfen und allein sind unter Gleichgesinnten. Die neuen Asozialen, die alles haben (ein Handy und den Rest von allem). Und alle haben sowieso insgeheim einen Heiligenschein (oder eine Dornenkrone). Die Zwei verstehen sich wirklich auf die perfekte, glatte Oberfläche und das Erzeugen von "Mysterium". Bis 15. August beim Kargl (Schleifmühlgasse 5).

Erschienen am: 06.08.2004

.

bullet MAK- Studiensammlung Textil zeigt frühe Chinoiserien

bullet Kunsthalle Krems: "An einem heiligen Fluss in Afrika"

bullet Kunstsinnig

bullet Quer durch Galerien

bullet Prag: Großausstellung zum Thema "Tschechiens österreichisches Jahrhundert"

bullet Österreichische Postsparkasse: Art- Déco- Schmuck

bullet Kunsthalle Krems: Paradiese von Paul Gauguin bis Emil Nolde

bullet Forum Alpbach: "Demokratisierun g" der Architektur

.