WIEN (ag) Der österreichische Kunsttheoretiker, Museumsleiter und
Ausstellungsmacher Werner Hofmann feiert am 8. August seinen 75.
Geburtstag. Hofmann leitete als Gründungsdirektor das Museum des 20.
Jahrhunderts in Wien und wechselte dann als Direktor in die Hamburger
Kunsthalle. Er unterrichtete als Gastdozent an mehreren amerikanischen
Universitäten und machte sich auch als Autor kunsthistorischer Bücher
einen Namen. Im September erscheint sein neues Werk "Goya. Vom Himmel
durch die Welt zur Hölle". Hofmann lebt in Hamburg, besucht aber
regelmäßig die großen Wiener Ausstellungen. Zur neu eröffneten Albertina
etwa meint er: "Das ist ein Ort der Unruhe". Das Palais der Albertina
erhebt sich im historischen Zentrum Wiens auf der Augustinerbastei, einem
der letzten noch erhaltenen Abschnitte der Befestigungsanlagen aus der
Zeit nach der Türkenbelagerung von 1529.
"Sowohl architektonisch als auch konzeptuell wird dort zu viel
gleichzeitig gewollt", sagt der Jubilar weiters. Zur neuen
Fassadengestaltung der Albertina "würde ich am liebsten eine Dauer-Messe
lesen lassen. Dennoch halte ich Direktor Klaus Albrecht Schröder für einen
hoch begabten Mann", so Hofmann.
Albertina: Beginn der Karriere
Das Schicksal der Albertina liegt Hofmann besonders am Herzen. Dort
begann seine berufliche Karriere. Hofmann wurde am 8. August 1928 in Wien
geboren. Er studierte Kunstgeschichte in seiner Heimatstadt und in Paris.
Von 1950 bis 1955 war Hofmann Assistent an der Albertina in Wien. 1957
ging er als Gastdozent an das Barnard-College in New York und
unterrichtete 1964 als Gastprofessor an der University of California in
Berkley.
1960 begann Werner Hofmann mit dem Aufbau der Sammlungen des Museums
des 20. Jahrhunderts in Wien. Als Gründungsdirektor leitete er das Haus
von dessen Eröffnung 1962 bis 1969. Nachdem er das Museum des 20.
Jahrhunderts in Wien verlassen hatte, zog es Hofmann nach Deutschland, wo
er von 1969 bis 1990 als Direktor der Hamburger Kunsthalle tätig war.
Einer der Schwerpunkte Hofmanns während seiner Direktion lag in der
Revision und Neubewertung des 19. Jahrhunderts. Diesem Ziel diente der
neunteilige Ausstellungszyklus "Kunst um 1800", dessen Summe die Schau
"Europa 1789: Aufklärung - Verklärung - Verfall" (Hamburg 1989)
darstellte.
Hofmann wollte Schwellenängste der Besucher abbauen und verwandelte das
Museum in eine Werkstätte, in der die Beziehungen der verschiedenen
Kunstrichtungen durchschaubar gemacht wurden. Internationale Beachtung
fand sein von 1973 bis 1981 veranstaltete Zyklus von neun Ausstellungen
zur "Kunst um 1800". Weitere wichtige Ausstellungen von Werner Hofmann
waren u.a.: "Kunst - was ist das?" (1977), "Experiment Weltuntergang. Wien
um 1900" (1981), "Luther und die Folgen für die Kunst" (1983), "Symboles
et Realites. La peinture allemande 1848 - 1905" (1984) und "Zauber der
Medusa. Europäische Manierismen" (1987). Es folgten Jahre als Dozent an
der Columbia Universität in New York und als freier Schriftsteller in
Paris. In dieser Zeit entstanden seine Bücher "Die Karikatur von Leonardo
bis Picasso", "Zeichen und Gestalt - die Malerei des 20. Jahrhunderts" und
"Das irdische Paradies - Kunst im 19. Jahrhundert".
Drei Preise
Für seine Leistung als Museumsdirektor, Ausstellungsgestalter und
Kunsttheoretiker erhielt er im Jahr 1991 gleich drei Preise: den "Sigmund
Freud Preis der Darmstädter Akademie", und die Auszeichnung "Commandeur de
l'Ordre des Arts et lettres" . Schließlich auch den "Österreichischen
Staatspreis für Verdienste um die Österreichische Kultur im Ausland".
Hofmann ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste, der Deutschen
Akademie für Sprache und Dichtung, und der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften. Derzeit arbeitet er an einem neuen Buch über die
gesellschaftliche Entfremdung des Individuums mit dem Arbeitstitel "Degas
als Vorläufer der Moderne".
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