10.12.2002 21:53
Der Orient im Bild
Das MAK zeigt
seine bedeutende Sammlung alter Teppiche - Filmschaffende kommentieren die Schau
visuell
Über 80 Exemplare belegen Wände und Böden: Das Museum für
angewandte Kunst hat eine bedeutende Sammlung historischer Teppiche.
Filmschaffende kommentieren die Schau visuell.
Wien - Die Künstlergruppe Gangart, betraut mit der Aufgabe, die in der
Tat bemerkenswerte Teppichsammlung des Wiener MAK derart in Szene zu setzen,
dass der historische Bestand das ambitionierte Gegenwartsprogramm des Hauses
stütze, weiß Folgendes zu berichten:
"Einerseits markiert der
Transferraum ,Teppich' gesellschaftspolitische Architekturen und ist
gleichzeitig Mikroarchitektur: innerlich/ privater Raum vs. Community-Raum vs.
urbaner Raum vs. migratorische Kontaminierung und Hybridisierung; andererseits
werden Teppiche als Medien der Berichterstattung und Narration präsentiert. Aus
der Verdichtung dieser Ebenen ergibt sich ein inhaltliches und physisches
Mapping der gezeigten Teppiche."
Da bleibt bloß noch zu ergänzen, dass
Teppiche schon auch in der Absicht ins Leben geknüpft wurden, vor Kälte zu
schützen. Jedenfalls aber sind sie, der Leidenschaft einiger Habsburger des 16.
und 17. Jahrhunderts für Wandbehänge und Bodenbeläge sei Dank, da, und die
variantenreiche Kombination aus Kette, Schuss und Flor findet bis in unsere Tage
zahlreiche Liebhaber. Verständlich bei bis zu 13.000 musterbildenden Knoten pro
Quadratdezimeter, die traditionell von sehr zarten Fingern geknüpft
werden.
Die Präsentation verknüpft das ganze Haus: In der
Ausstellungshalle wurden die ehemals kaiserlichen Stücke aus dem Ägyptischen,
Osmanischen und Persischen verlegt, der Orientsaal bietet einen Einblick ins
historische Wirken Anatoliens, Kaukasiens und Zentralasiens, die Studiensammlung
ergänzt um türkische Gebetsteppiche und osmanische Stickereien.
Und:
Zwecks Verortung der historischen Vorleger in die Gegenwart ergänzen Kurzfilme
aus der Sicht zeitgenössischer Filmschaffender anekdotisch die Eindrücke vom
Wesen des Teppichs. Danielle Arbid, Jessica Hausner, Rashid Masharawi, Kornél
Mundruczó, Seifolla Samadian, Angela Schanelec und Djamshed Usmonov haben in
sehr kurzer Zeit visuelle Fragmente zum Anlassfall "Teppich" produziert. Als
bewegte Wandteppiche mit Ton bringen sie Leben in die Galerie betagter Muster-,
Symbol-und Identitätsspeicher.
Das Dokumentarische stand dabei im
Vordergrund, die Lebensbedingungen in den Produktionsländern, wie sie sich heute
zeigen, im Libanon, in Palästina, im Zentrum Asiens. Nur die Österreicherin
Jessica Hausner ist dem ausgewichen: Sie hat Figuren und Muster einer geknüpften
Vorlage animiert, archaische Jäger als Computerspiel auf den Schirm geholt.
Andererseits kann man aber auch die Zubereitung von Kichererbsen mit Gurken in
authentischer Atmosphäre einsehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.12.2002)