"Die Ganzheit ist eine Wunschvorstellung der Nervenzerrüttung" | |
Begleitend zu ihren visuellen Arbeiten hat Maria Lassnig immer auch Texte geschrieben; sie wird oft bewundert, weil sie neben dem so großen Talent des Auges auch noch eine starke Begabung für die Sprache hat. |
Ich konzipiere nicht willentlich ein
Bild. Ich weiß vorher nie, was aufs Bild kommen soll, ob eine oder mehrere
Figuren, was drum herum. Die Absicht wäre der Gitterzaun, der verhindern würde, die ganze Tiefe,
die Abgründe, die aufgehäuften Erkenntnisse, Wünsche und Verzweiflungen
hereinzulassen.
Die Absicht wäre etwas Bestimmtes, im Wege Stehendes. Ich habe aber
etwas Unbestimmtes als Anfang, das ich erst während der Arbeit bestimmen
möchte, etwas Geheimnisvolles, das zu verdeutlichen ich mich bemühe, damit
es, wenn es da ist, mich überrascht. Ich möchte von Maschinen möglichst unabhängig sein und von
komplizierten Werkzeugen. Bleistift und Pinsel sind Urzustandswerkzeuge.
Die Malerei ist eine Urzustandskunst.
Immer größeren Respekt vor allem Gewachsenen der "Kreatur", scheue
mich, auf Gras zu treten, möchte jedem Vogel in sein Nest folgen und
glaub', jede Regung der Katze zu verstehen.
Zitiert nach div. Katalogtexten sowie nach: "Maria Lassnig - die Feder ist die Schwester des Pinsels - Tagebücher 1943 - 1997", erschienen bei DuMont. | ||||||||