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Kunstberichte

Domenigs Speer durch den Speer

In der Ausstellungshalle des MAK wird "Das grafische Werk" des Architekten Günther Domenig gezeigt
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Er ist einer der interessantesten Architekten der Gegenwart, Staatspreisträger und Gewinner zahlreicher internationaler Wettbewerbe: Der 1934 in Klagenfurt geborene Günther Domenig. Sein Studium absolvierte er an der TU in Graz, seine Augen waren aber schon damals auf die experimentelle Szene von Hans Hollein, Walter Pichler und Raimund Abraham in Wien gerichtet. 1986 begann er sein "Steinhaus" in Steindorf am Ossiacher See zu bauen, es ist ein bis heute unvollendetes Laboratorium seines Denkens.

Aus einem Zentrum, das er "Nixnuznix" nennt, zieht sich ein Rückgrat als Steg in Richtung See, eine Spirale schraubt sich vertikal nach oben, daran schließen sich flügelhafte, skulpturale Baukörper aus Sichtbeton und Glas: mehr Kunstwerk als Wohnhaus ist es avantgardistische Ikone einer eigenen Werkstatt. Das zum Heiligtum überhöhte eigene Atelier und Traumhaus.

Es hat wie alle seiner Bauten konstruktiv-geometrische und organische Elemente, dazu kommen Experimente mit Werkstoffen und technischen Möglichkeiten. Biografisch ist seine Jugendliebe für felsige Berge mit den Elementen Wasser und Luft in Beziehung gebracht. Dies zeigt sich vor allem in seinen vielen skizzenhaften Zeichnungen für das "Steinhaus".

214 Zeichnungen, Skizzen und Fotos zu 16 Projekten hat Domenig der Republik für die Gegenleistung der Unterstützung am Weiterbau und Erhalt des Steinhauses überlassen. Sie sind nun neben den früheren Ankäufen – vor allem von Modellen – als Dauerleihgabe an das MAK gegangen und werden aus diesem Grund spontan und schlicht in der Ausstellungshalle im 1. Stock drei Wochen präsentiert. Sympathisch fällt auf, dass Domenig in seiner Vorliebe für die Skizze billigste Papiere heranzog, heftete, klebte, mit Kugelschreiber arbeitete und schon mal auf einer Speisekarte wesentliche Grundgedanken zu Bauten festlegte.

In Wien hat er vor allem zuletzt 2000 bis 2004 durch das T-Mobile Büro- und Geschäftszentrum St. Marx und 1975 bis 1979 schon sehr früh durch sein Bankgebäude in der Favoritenstraße sehr Markantes hinterlassen. Der Bürokomplex wird von den Wienern "Haifisch" oder "Krokodil" tituliert. Schließlich hat aber Domenigs Eingriff 1999 bis 2001 in das ehemalige NS-Reichsparteigelände in Nürnberg mit einem Speer durch den Architekten Albert Speer ein ganz besonderes Dokumentationszentrum geschaffen.

Günther Domenig

Das grafische Werk

Museum für

Angewandte Kunst

Bis 15. April

Fliegende Bauten.

Dienstag, 27. März 2007


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