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Art Basel USA: Letzlich will jeder nach Miami

05.12.2007 | 18:54 | NICOLE SCHEYERER (Die Presse)

Am Strand von Florida herrscht wieder der Kunst-Kaufrausch.

Kann ich dieses Bild reservieren?“, fragte ein Sammler letztes Jahr auf der Art Basel Miami Beach. „Nein“, antwortete der Galerist dem gehetzten Kunden. „Sie haben es nämlich heute schon gekauft.“ Nur eine der Anekdoten zum legendären Kaufrausch, für den die US-Ausgabe der Schweizer Kunstmesse berühmt berüchtigt wurde. „Die Leute sind dort wie auf keiner anderen Messe“, schwärmt die Wiener Galeristin Grita Insam über das kaufwütige Publikum. Daran hat freilich auch die veränderte Investitionslogik am Kunstmarkt schuld: „Früher flossen die Gewinne in die Kunst, heute spielt das Geldverdienen mit Kunst selbst auch eine wesentliche Rolle“.

In Miami stellt Galerie Insam in der Abteilung „Art Nova“ aus, wo auch ihre Wiener Kolleginnen Gabriele Senn und Kerstin Engholm zu finden sind. Die „Novität“ meint dort nicht das Alter der Künstler, sondern der Ware, die 2007 entstanden sein muss. Dieses Konzept macht Insams generationsübergreifende Auswahl von Art & Language, Robert Adrian X und Midori Mitamura möglich. Jede Galerie, die auf die Wintermesse gelangt, kann sich nur glücklich schätzen. Über 800 Bewerber gab es heuer, ein Viertel wurde genommen. Dabei schlägt die Beteiligung durch Flug-, Transport- und Standkosten mit 40.000 bis 70.000 Euro zu Buche. Wer auf der Art Basel Miami Beach starten will, nimmt auch Schweiß und Staub in Kauf: Die jüngeren „Art Positions“ präsentieren am Strand in unklimatisierten Containern, als würden sie aus dem Schiffsbauch kommen. Dafür finden in der sandigen Umgebung die Künstleraktionen der Reihe „Art Perform“ statt, die Schau „Concrete Waves“ würdigt die Subkultur der Skater.

Für Miami nur das Beste, lautet die Devise, auch bei der Salzburger Galerie Ropac. Alex Katz' neue Gemälde aus der Serie „Marine“ kommen ganz frisch auf den Markt und passen als Seestücke hervorragend nach Florida. Ursula Krinzinger, selbst Mitglied der Messejury, freut sich, neben ihrem regulären Stand auch noch eine Einzelpräsentation von Chris Burden in der neuen Sektion „Art Kabinett“ auszurichten. Ein riesiges Bild von Herbert Brandl, das an einen Wasserfall erinnert, sorgt in der Galerie nächst St. Stephan für Erfrischung. Neben bekannten Positionen wie Bernard Frieze oder Jessica Stockholder erlebt die Galerie heftige Nachfrage für die Malerei des Koreaners Lee Ufan.


Topgalerien auf der Warteliste

Scope, Aqua Art, Frisbee Art Fair, Photo Miami: Über ein Dutzend von Konkurrenzmessen und Verkaufsevents umkreist auch heuer den kommerziellen Brennpunkt. Ernst Hilger, der im Juni noch auf der Art Basel vertreten war, nimmt an der Pulse Contemporary Art Fair teil. Die auch in London und New York tätigen Veranstalter bieten siebzig Galerien ein Verkaufsforum in der Nähe der großen Privatsammlungen Rubell und Margulies. „Eine Menge von Topgalerien wurde von der Art Basel Miami Beach ewig auf die Warteliste gesetzt“, erklärt Hilger die Entstehung der Alternativmesse. Auf der Pulse fühlt er sich umso wohler, als ein Foto seines Künstlers Massimo Vitali als Werbesujet ausgewählt wurde. In einer Woche Miami verdient er 20 bis 25 Prozent des Jahreseinkommens. Dennoch bemerkt er: „Weniger Partycharakter, mehr Auseinandersetzung mit der Kunst könnten nicht schaden.“

Große Namen von morgen findet man vielleicht auf der Alternativmesse Nada. „Hier sind spannende Galerien mit sehr mutigen Sachen“, lobt Emanuel Layr. Mit raumgreifenden Installationen würden weniger Privatsammler als Institutionen adressiert. Kein Wunder: Hunderte Museumsleute reisen an und verstehen die Verkaufsveranstaltungen als Ideen- und Kontaktbörsen. Auch die Hallen der Nada in den ehemaligen Filmstudios Ice Palace wären großartig, wenn auch etwas abgelegen. Die Wiener Galerie layr wüstenhagen ist zum ersten Mal in Miami. Der niedrige Dollarkurs und die US-Erfolge ihrer Künstler Fabian Seiz und Tillman Kaiser verliehen ihr den Mut dazu. Aber bei aller Begeisterung macht sich Layr nichts vor: „Letztlich will jeder Galerist auf die Art Basel Miami Beach.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2007)


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