Salzburger Nachrichten am 21. Juli 2006 - Bereich: Kultur
Brüchigkeit des Glücks in Fotos festgehalten Das Rupertinum Salzburg
zeigt in seiner Sommerausstellung Bilder der New Yorker Fotografin Tina
Barney
Hedwig KainbergerSalzburg (SN). Es sind reiche, gebildete, an Kunst
interessierte, elegante Menschen, die die New Yorkerin Tina Barney
fotografiert hat. Doch die Bilder sind nicht einfach schön, sondern jeder
Dargestellte hat etwas an sich, das die Brüchigkeit des Glücks ahnen
lässt. Die farbenprächtigen, unglaublich intelligent konstruierten
Fotografien zeigt das Rupertinum Salzburg in seiner Sommerausstellung, die
am Donnerstagabend eröffnet wurde. Da sitzt zum Beispiel der alte Mann im Smoking, offenbar auf einem Fest
mit eloquenten Menschen. Kurz ist er allein, und in seinem Gesicht
schimmert eine Traurigkeit, wie sie nur an lebenserfahrenen Menschen zu
entdecken ist. Es ist, als fiele im Moment, in dem der Mann vom
Freundlichseinmüssen befreit ist, das Festtagsgesicht ab. Da ist die alte
Dame, freundlich blickend, deren Körper eine Müdigkeit birgt, die nicht
mit Schlaf zu stillen ist. Es ist die tiefe Erschöpfung nach erfülltem
Leben. Da sind Kinder, die beneidenswert teuer gekleidet sind: der Bub in
gebügeltem Hemd, neuer Hose, mit neuem Gürtel und supercooler Armbanduhr.
Und doch: Da ist eine Festigkeit im Blick, als wüsste er von späteren
Pflichten als Firmenchef. Oder ist das Traurigkeit über die zu strenge,
elegante Kindheit? Die Ausstellung im Rupertinum - entstanden in Kooperation mit der
Barbican Art Gallery London - ist in mehrfacher Hinsicht grandios. Sie
passt ideal in die Festspielzeit, denn die Menschen in Tina Barneys
Bildern dürften aus derselben sozialen Schicht sein wie viele Besucher der
Salzburger Festspiele. Der New Yorker Fotografin gelingt ein
faszinierender Kontrast: Mit Fotografie, die eigentlich in Bruchteilen
einer Sekunde entsteht, hält sie minutiös konstruierte Szenen fest. Ecken
und Achsen ihrer Bilder sind so klug gesetzt wie auf klassischen Gemälden.
Alle Personen haben die Umgebung, in der sie fotografiert sind, selbst
bestimmt und so die Bilder mitgestaltet. Es gehe in der Ausstellung um das
Thema Selbstinszenierung, erläutert Kuratorin Margit Zuckriegl im
SN-Gespräch. In diesem Sinne hätten diese Bilder etwas Theatralisches, die
Individuen würden zu Schauspielern ihrer selbst. Im ersten Raum sind als "Prolog" Fotos der Amerikanerin von Menschen
der "High Society" in den USA. Die anderen Bilder auf zwei Stockwerken im
Rupertinum zeigen, was die New Yorkerin von reichen Europäern für
fotografierenswert hält. Erstaunlich! Sie hält nicht Klischees von
Italien, Spanien oder Österreich fest, und doch sind Italiener, Franzosen,
Engländer oder Süddeutsche mühelos zu erkennen. Tina Barney, "The
Europeans" bis 1. 10. |