KOMMENTAR
Großen Fisch gefangen
CHRISTA DIETRICH vor.nachname@vn.vol.at, •72/501-225
Auch Santiago
Sierra ließ anno 2003 die vielen Besucher der Biennale in Venedig
fühlen, wie es ist, wenn die Staatsmacht zuschlägt. Nur Landsleuten,
die sich ausweisen konnten, wurde Zutritt zum Spanien-Pavillon gewährt.
Da halfen keine Ausreden und schon gar nicht das Eintrittsticket. Mal sehen, wie
exakt sich der Kunstraum Dornbirn an die Vorgaben des Künstlers Marco
Evaristti hält, der immerhin jeden in "seinen Staat" lässt, der einen
gültigen Pass dabei hat. Erst einmal drinnen, würde ich auf jeden Fall
nachprüfen, was sich in dem rosa Teich befindet. Die nette Farbe könnte
trügen. Evaristti pflegt Urteilsvermögen und Moral der Menschen zu
hinterfragen. Mehrere Jahre
hatte sich ein medial aufgepeitschter Tierquälprozess nach seiner
Ausstellung von Zierfischen in Küchenmixern hingezogen. Einige Besucher
hatten - obwohl sie wussten, was passiert - die "On"-Taste betätigt.
Erst als geklärt war, dass das Tier dabei innerhalb einer Sekunde tot
ist, wurde der Museumsleiter freigesprochen. Müßig zu überlegen, was
bei legalem Fischfang abläuft, es ging um die Entlarvung von Voyeuren
und den betrüblichen Umgang der Medien mit diesem Phänomen. Spektakulär ist
Evaristtis "Pinkstaat" nicht, aber enorm fassettenreich. Und zudem hat
sich der Kunstraum Dornbirn erneut mit kleinem Budget einen großen
Fisch gefangen.
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