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Jüdisches Museum präsentiert Avantgarde-Galerie der Jahrhundertwende

Seit zehn Jahren ist das Jüdische Museum der Stadt Wien im Palais Eskeles untergebracht.

Wien (APA) - Zum runden Jahrestag präsentiert das Museum eine ehemals legendäre Wiener Kunstinstitution der Jahrhundertwende, die nach den beiden Weltkriegen in Vergessenheit geriet: die von 1895 bis 1914 im Palais Eskeles beheimatete Galerie Miethke. Spektakuläre Arbeiten der damals jungen Moderne wurden dort gezeigt, etwa von Monet, Manet, Cezanne, Gauguin oder Picasso. Gustav Klimts Werke wurden exklusiv bei Miethke verkauft.

In der Schau "Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne" sind Fotos, Kataloge, Dokumente, Plakate und Bilder zu sehen, ein Großteil der letzteren aus Kostengründen nur als Dias (19. 11. - 8. 2.). Die zweite Ausstellung zum Jahrestag,"Art + Obsession", stellt Bilder der israelischen Künstlerin Osnat Kollek-Sachs vor (18. 11. - 10. 1.).

"Dass man Miethke nicht mehr kennt, ist ein echtes Versäumnis", meinte Kurator Tobias Natter auf der heutigen Pressekonferenz. "Miethke machte Wien zu einem Schaufenster der Moderne". Der 1834 in Potsdam geborene Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke hatte 1861 die Buch- und Antiquariatsfirma "Miethke & Wawra" gegründet, und wurde bald zum wichtigsten Händler des Ringstraßenmalers Hans Makart. 1895 erwarb er das Palais Eskeles in der Dorotheergasse, und zeigte Alte Meister sowie zeitgenössische Kunst. Den größten Erfolg errang die Galerie nach dem Verkauf an den Juwelier und Freund Klimts, Paul Bacher im Jahr 1904.

Carl Moll war der neue künstlerische Leiter, und etablierte das Haus zu einem der Zentren internationalen Ausstellungswesens. Im Mittelpunkt der Präsentationen standen immer wieder Werke der französischen Moderne von Monet, Manet, Gauguin oder Van Gogh. Klimt wurde exklusiv von Miethke vertreten, und Schiele erhielt hier seine erste Einzelausstellung. Auch die Wiener Werkstätte wurde hier erstmals dem Wiener Publikum vorgestellt. 1912 übernahm der gebürtige Galizier Hugo Haberfeld die Leitung der Galerie, die in die Augustinerstraße übersiedelte.

Den Höhepunkt ihrer Aktivitäten erreichte die Institution 1914 mit einer Einzelausstellung Pablo Picassos, bei der an die sechzig Werke des jungen Künstlers gezeigt wurden. "Wien stand Kopf, die Kritiker verrissen diese Kunst und nannten sie einen Skandal", erläuterte Natter. Als Jude musste Haberfeld 1938 nach Paris emigrieren, wo sich seine Spuren verlieren. Schon zwischen den beiden Kriegen verlor der Kunsthandel Miethke seine Basis, denn die Käuferschicht kam abhanden. 1916 wurde die Firma Miethke aus dem Handelsregister gelöscht.

Die zweite, kleinere Ausstellung "Art + Obsession" präsentiert Bilder der Tochter des berühmten Altbürgermeisters von Jerusalem, Teddy Kollek, der vor zehn Jahren gemeinsam mit Helmut Zilk das Jüdische Museum eröffnet hat. Osnat Kollek-Sachs (1960 geboren) hat sich als expressionistische Malerin namhaft gemacht, die auch als Galeristin und Kuratorin am Israel Museum gearbeitet hat. In der Schau sind Ölbilder zu sehen, die ihre Eltern so wie Ansichten von Jerusalem zeigen.
2003-11-18 13:52:41