Die Kunsthalle Wien zeigt Arbeiten des belgischen Multimedia-Künstlers
Marcel Broodthaers
Erfindung der Unaufrichtigkeit in der Kunst
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Er ist schwierig auszustellen und sein Werk ist von der
Theorie her sperrig, obwohl er scheinbar mit Leichtigkeit 1964 bei seiner
ersten Ausstellung ankündigte, mit der Idee, "etwas Unaufrichtiges zu
erfinden" nur Erfolg haben und Geld verdienen wolle. Der Belgier Marcel
Broodthaers (1924 bis 1976) war davor als Buchhändler, Autor, Journalist
und Fotograf tätig und beschloss erst mit Vierzig, bildender Künstler zu
werden. Sprache, Film und Fotografie blieben aber im folgenden Werk von
großer Bedeutung. Die Kunsthalle hat es mit einigen Anstrengungen der
Kuratorinnen Sabine Folie und Gabriele Mackert geschafft, seine
wesentlichen Arbeiten bis 28. Oktober in die Halle 2 zu bringen und zur
ersten Personale des Künstlers in Österreich zusammenzustellen. Editionen,
Grafiken, Diaprojektionen und Filme umkreisen seine Vorstellung einer
"Politique Magique"; ein Konstrukt, mit Hilfe der Fiktion die Erfassung
der Realität zu beschreiben, gespickt mit Ironie. Subversiv werden hier
zwei Themenschwerpunkte von einem Liebhaber der Poesie Mallarmés,
Beaudelaires und Lewis Carrolls beleuchtet: einerseits die Reise,
andererseits das System des Kunstbetriebs, über das er sich mit Hilfe von
konkreter Poesie oder Buchstäblichkeit lustig machte. Dazu diente ihm die
Signatur und das Bildrätsel (Rebus); beides setzt er spielerisch ein, am
Rande ähnlich der Gruppe der Nouveau Réalistes. Seine Weitsicht führte
schon in den Siebzigerjahren zur Infragestellung des Autors oder der
Vorstellung, die Kunst könne noch etwas Neues hervorbringen. Dazu ernannte
er sich etwa zum Direktor seines eigenen, nicht existenten Museums, für
das er Schilder drucken ließ. 300 Adlermotive in Dias zeigen die fiktive
Sammlung dieses Museums. Dazu schrieb er Texte, Kaufverträge und stellte
Siebdrucke und Multiples her. 1971 warb er als "Direktor des Museums
moderner Kunst; Abteilung Adler" für Laakhemden im Magazin "Der Spiegel".
Viele seiner gezeigten Arbeiten sind Schriftbilder, die sich erst nach
längerer Lektüre des Umfelds erschließen, dann aber sofort trügerisch
erscheinen; eine Taktik des Interesseweckens, die auch Themen wie sex and
crime (Al Capone) einschließt. Sprache und Bild werden selbst in seinen
Filmen verquickt, wobei "La Pluie" 1969 eine Sequenz zeigt, in der
Broodthaers als Zeichner mit Tusche und Papier von einer Wasserfontäne
übergossen schließlich aquarelliert, "Projekt eines Textes" ist der
Untertitel. Das Objekt "La Banque - La Banque e la Critique" von
1964-68 zeigt sich als Schwelle zwischen einer Welt des Geldes und jener
der Poesie; eine wahrhaft aktuelle "Schranke" des Alltags bis heute.
Interessant ist, dass die typischen Experimente der Sechzigerjahre mit
Film, Sprache und Fotos auch im post-konzeptuellen Zeitalter noch sehr
präsent sind: vor allem erweist sich Broodthaers als Künstler für
Künstler und früher Grenzgänger zwischen Medien, Gattungen und am breiten
Feld der Ironie. Natürlich sind die theoretischen Einflüsse der Zeit wie
Semiotik oder Strukturalismus stark gespiegelt. Das Objekt wurde auch für
ein Happening 1964 benützt, wobei die Rückseite mit pseudokodifizierten
Kryptogrammen um das Wort "Persil" die wichtigere Rolle spielte als die
Bankaufschriften "Change" etc., auf der Vorderseite. Sehr poetisch
gibt sich der Film "Analyse eines Gemäldes" 1973, bei dem es um ein
Seestück und die Reise in die Nordsee geht; jedoch ist es daneben auch
eine Kritik an der Analyse der Kunsthistoriker: auch Wissenschaft und
Kunst fanden in diesem Werk ihre frühe Vereinigung. Und auch die
Ethnologie spielt mit "Un jardin d'hiver" 1974 bereits mit hinein. Der
Katalog bringt auch einen Beitrag der Lebensgefährtin Maria Gilissen neben
den Erläuterungen der Kuratorinnen und Gerald Matts.
Erschienen am: 07.10.2003 |
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