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Donnerstag 05.07.2001, 15:08
Das Presse-Online Archiv
Erscheinungsdatum: 03.07.2001 Ressort: Kultur/Medien
 
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Als Design noch sichtbar war
Charles und Ray Eames hatten einen (amerikanischen) Traum. Sie suchten die Welt durchzugestalten. Was dabei herauskam, zeigt das Museum für angewandte Kunst in seiner Ausstellungshalle.

VON KRISTIAN SOTRIFFER

Na, das waren Zeiten, als in den Fünfzigern damit begonnen wurde, den (später wieder geschätzten) alten Krempel hinauszuwerfen und sich dem Fortschritt zu ergeben. Das Neue war, was unter "guter" (moderner) Form angeboten wurde, und verbunden mit einem Diktat. Wer sich ihm nicht unterwerfen wollte, galt als hoffnungsloser Fall.
Heute beugen sich die Leute anderen Einflüsterungen oder verlassen sich schlicht auf die skandinavische Art der Föhrenverarbeitung. Aber das, was sie sich damals in ihre Wohnungen stellten, hatte sich zunächst in Amerika entwickelt, woher jetzt sowieso alles Wichtige kam, später sogar die Malerei. Dabei handelte es sich um Mutationen europäischer Vorbilder, von denen auch die Designer und Architekten zehrten.
Im Fall des Ehepaars Eames etwa lassen sich spezifische Eigenheiten ihrer zum Runden und Welligen tendierenden Entwürfe leicht mit dem Knospigen und Kieselsteinartigen in Hans Arps Skulpturen vergleichen. Ihre Abteilung von Naturformen läßt Komprimiertes auch bei Joan Miró auftreten. Somit haben die Europäer eingeleitet, was dann als Amerikanisches auf deren Kontinent zurückschwappte.
Eames' Einfluß auf das, was den Alltag ästhetisch prägen und kulturell bestimmen sollte, war groß und wurde durch entsprechende Begleitmaßnahmen unterstützt. Der Begriff des "Design", wie sie es verstanden hatten, setzte sich bald überall durch - ausgehend etwa von Sitzformen aller Art und variabel verwendbaren Möbelsystemen.

Für eine bessere Welt

Die prägenden Impulse gingen von biomorphen Formen aus. Die Eames' sammelten und studierten mikro- und makrokosmische Phänomene. Davon zeugen Filme und etwa 350.000 katalogisierte Dias, die sie als ihr "Kuriositätenkabinett" bezeichneten. Es diente vor allem der Vermittlung jener Ansatzpunkte, von denen sie sich hatten leiten lassen.
Das ändert freilich nichts daran, daß die Ausstellung, konzipiert von der Library of Congress in Washington in Zusammenarbeit mit dem Vitra Design Museum in Weil am Rhein einen etwas antiquierten Eindruck hinterläßt und einen Werbecharakter hervorkehrt. Andererseits vermittelt sie den Präsentationsstil der Zeit und jenen Optimismus, der das Duo antrieb.
Dies im Glauben, Amerika mit einer Art neuen, normierten Identität vom Sessel bis zum Wolkenkratzer oder dem Supermarkt versehen zu können. Das hielt so lange, bis der sogenannte "Designbegriff" eine Wandlung erfuhr, wie ihn etwa eine große Ausstellung vor Jahren in Linz unter dem Titel "Design ist unsichtbar" zu belegen versucht hatte.
Eleganter als die Ausstellung selbst erscheint im übrigen der sie begleitende, umfassend informierende Katalog - auch als Dokument missionarischer Bemühungen, zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen zu können.
Bis 30. September, Di.-So. 10-18 Uhr.

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