Gerhard Rühm, Meister der (Sprach-)Künste.
Mit Andrea Schurian sprach er über Religion, Provokation und Grenzerfahrungen.
***
Standard: Sie sind heuer im Februar 80 geworden und unglaublich aktiv: Sie unterrichten, stellen aus, treten auf, publizieren: Denken Sie je ans Aufhören?
Rühm: Das wäre mein Tod. Ich habe noch so viele Ideen, ich muss mindestens noch zehn, fünfzehn Jahre leben, um wenigstens die wichtigsten umsetzen zu können.
Standard: Eine verwirklichen Sie jedenfalls am Freitag im Akademietheater: Neben Ihren berühmten Sprechduetten mit Ihrer Frau Monika Lichtenfeld wird es eine Uraufführung geben. Was wird das sein?
Rühm: Es heißt Gespräch über Schweigen und Verjährung und basiert auf einem Zeitungsinterview eines Missbrauchsopfers. Ein Sprecher - der Pianist - stellt die Fragen, das Klavier spielt die Antworten. Ich übertrage die Laute des Textes auf Töne am Klavier, das heißt, es wird im Duktus des Sprechtextes weitergeführt, nur versteht man den Text nicht. Wenngleich man aus den Fragen errät, wie die Antworten sein könnten. Darum geht es: um das Schweigen und Verschweigen.
Standard: Warum ist gerade die katholische Kirche offenbar so anfällig für sexuellen Missbrauch?
Rühm: Missbrauch kommt auch in der protestantischen Kirche vor. Es liegt am total verkorksten Sexualdenken des Christentums überhaupt. Das Schöne am Hinduismus und anderen östlichen Religionen ist ja ihr völlig entspanntes Verhältnis zum Sexuellen. So verkrampft in Sachen Sexualität sind nur monotheistische Religionen, orthodoxes Judentum, Christentum und Islam.
Standard: Beschäftigen Sie sich viel mit Religionen?
Rühm: Ja. Ich besitze eine große religionswissenschaftliche Bibliothek. Natürlich finde ich die Bibel ein großartiges Buch, vor allem in der Luther-Übersetzung. Aber ich halte Religion - mit Ausnahme des Zen-Buddhismus, für den ich eine große Schwäche habe - für ein großes Übel und für Volksverdummung. Ich bin ein Gegner von Religionen.
Standard: Warum dann das ausgeprägte Interesse an Religionen?
Rühm: Ich habe mich schon als Kind für Grenzfragen interessiert. Es hat sich mir im wahrsten Sinn des Wortes der Magen umgedreht beim Gedanken an Unendlichkeit und Ewigkeit. Inzwischen weiß man ja, dass Zeit nicht immer existiert hat und wohl auch nicht immer existieren wird. Ich beschäftige mich intensiv mit Astrophysik und allen Formen der Grenzfragen, auch der psychischen.
Standard: Haben Sie auch Grenzerfahrungen mit Drogen und Alkohol gemacht?
Rühm: Drogenexperimente waren im Berlin der 60er-Jahre gar nicht zu vermeiden. Mit Haschisch hatte ich allerdings nicht viel am Hut, davon kriegt man nur einen trockenen Mund. Außerdem musste man das rauchen, aber ich habe niemals Zigaretten geraucht. Also habe ich LSD versucht. Dann sagte man mir, bei Mescalin könne man besser arbeiten. Ein Mescalin-Erlebnis hat mich zu einem Hörstück angeregt: Ich konnte mit dem Klavierspielen nicht aufhören, wo die Tasten enden, und habe auf den Möbelstücken weitergespielt. Aber eigentlich bringt das alles künstlerisch gesehen nichts. Auch Alkohol war damals in Berlin als Animationsmittel en vogue beim Arbeiten. Ich brauche das längst nicht mehr, aber ich bin kein Antialkoholiker. Ich trinke gern zum Abendessen guten Wein und anschließend zwei Gläschen Verdauungsschnaps. Dann bin ich auch oft gut in Stimmung, um zu zeichnen.
(DER STANDARD/Printausgabe, 05.05.2010)
Zur Person:
Gerhard
Rühm, geboren 1930 in Wien, studierte Klavier und Komposition an der
Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst. Er arbeitet im
Grenzbereich von Musik, Sprache, Gestik und Visuellem und produziert
seit Beginn der 1950er-Jahre Lautgedichte, Sprechtexte, visuelle
Poesie, Fotomontagen, automatische Zeichnungen und Buchobjekte.
Gemeinsam mit Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer und
Oswald Wiener bildete er die Wiener Gruppe. Rühm wurde mehrfach
ausgezeichnet, u. a. 1991 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis
für Literatur. Der 5. seiner auf zehn Bände angelegten Werkausgabe
erscheint heuer bei Matthes und Seitz und umfasst auf rund 800 Seiten
alle Theaterstücke.
Akademietheater, 7. 5. , 20 Uhr
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sie
sind nicht perfekt, manche find ich besser als andere, und man sollte
sich auf jeden Fall auch ihrer Gefahren bewusst sein, aber ansonsten -
eine faszinierende und hilfreiche Angelegenheit.
Und noch zum Hinduismus: man kann nicht einfach sagen dass er ein
entspanntes Verhältnis zur Sexualität hat, weil es auf das jeweilige
Verständnis des Gläubigen (und seinem eventuellen Guru) ankommt wie man
das sieht.
scheint mir allerdings ein ziemlich oberflächliches verständnis von religion zu haben.
religion und kirche und deren religionsauslegung sind zwei grundverschiedene dinge.
ich denke, dass das christentum eine überaus anspruchsvolle und
ethisch hochstehende religion sind, die kirche jedoch in manchen dingen
durchaus unchristliche positionen vertritt.
nicht
in sich selbst findet, wird kein guru/lehrer, keine philosophie,
weltanschauung, religion, religiöse oder politische gemeinschaft dies
ersetzen können.
"ich habe eine wahrheit gefunden," sagte ein mensch. "komm, lass
uns eine religion/konfession daraus machen," sprach ein teufel... ;-)
Im Katechismus ist z.B. die Frage beantwortet, ob Gott eine Erfindung des Menschen sei usw. Und da steht noch viel mehr. Man kann aber hier nicht seitenlang den K. zitieren. Wenn also jemand den K. kennt, dann soll er hier nicht so tun, als wüsste er von gar nichts und damit die Leute provozieren. Weil es ist nämlich keine Kunst gegen die Kirche zu sein. Dazu braucht man nur zu faul sein am Sonntag aus dem Bett zu steigen. Und in den Büchern steht genügend von den Prinzipien, dass man nicht warten muss, bis ein makelloser Bischof erscheint, man kann selber zum Vorbild werden.
warum der zen-buddhismus als religion läuft is doch blödsinn.
das is halt nur eine philosophie.
auch der buddhismus is ein blödsinn. ein masochistischer blödsinn.
hinduismus detto. bei den abrahamitischen religionen kommt zum
masochismus halt auch noch sadismus dazu.
aber zen religion? nein, sicher nicht.
naja,
den zen-buddhismus per se gibt es nicht, wohl aber etliche strömungen,
die z.t auch reiligiöse ansätze haben. wäre interessant, für welche
richtung er eine schwäche hat.
bspw. sagen zen-meister "denn mitten im weltlichen treiben, bei jedweder tätigkeit, offenbart sich die göttliche wirklichkeit.“
"Aber
ich halte Religion - mit Ausnahme des Zen-Buddhismus, für den ich eine
große Schwäche habe - für ein großes Übel und für Volksverdummung."
Ein wahres Wort, gelassen ausgesprochen!
Konkrete Umsetzung: Keine Einwanderung mehr von Moslems nach
Europa. Sofortiger Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
Aufstockung der Truppen in Afghanistan um 500.000 und Kopfgeld für
jeden toten Taliban!
Nun ja, aber was genau trägt bitte schön ganz konkret sagen wir einmal die www.atheistische-religionsgesellschaft.at zur "Volksverdummung" bei? Vielleicht bin ich ja schon zu (ver)dumm(t), aber ich kann da beim besten/bösesten Willen nichts "Übles" erkennen... ;-)
er hält alle Religionen, mit Ausnahme des Zen-Budhismus, für ein großes Übel und für eine Volksverdummung, nachdem er die Bibel studiert hat usw. Also das ist eine Provokation und er will damit halt irgendwem etwas zu Fleiß machen. Aber er soll sich das in sich hineinstopfen, bis er in die Extase kommt. Es braucht sich niemand sonst damit beschäftigen.
mit der entspannten unfanatischen Art der östlichen Religionen. In solchen Kreisen gibt es auch sozialdarwinistische Sexualentzugsriten. Man kann dort kaum gesunde sexuelle Beziehungen finden oder öffentlich zeigen. Entsetzliche Massen an östlichen und westliche "Wieseln" vertürken die eingentliche Religion zu einer kartellisierten Wucher und Nepp Einnahmequelle.
Ich sage nur Monty Phyton - Loretta
http://www.youtube.com/watch?v=F7MZUFSTE6k
;-)
Bitte aber auch im Original versuchen, denn dieses ist meist viel besser:
http://www.youtube.com/watch?v=sFBOQzSk14c
Gruss,
Ihr Preger, Teilzeitkuenstler/In
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