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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
10. Juli 2009
16:59 MESZ

Schieles "Akt mit Strümpfen" kommt für 303.500 Euro zu Leopold.


Maßvolle Mädchen
Halbzeit! Zum Auftakt der Zwischenbilanzen ein Blick auf den heimischen Markt, der vom Binnenstatus profitiert

Möglich, dass man sich dieser Tage der Wirtschaftsgeschichte erinnern sollte, um sich einen Rest an Zweckoptimismus zu bewahren. Kunst wurde immer gekauft, während Bomben fielen oder ökonomische Umwälzungen den Alltag prägten. Das war vorgestern. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts begannen andere Branchen der Ars den Rang abzulaufen. Malerei, Bildhauerei oder Kunsthandwerk repräsentierten bis dahin jenes Prestige, das heute die Auto- und Textilindustrie oder der Immobiliensektor nähren. Selbst modisches Zubehör errang den Nimbus des Besonderen, wie sonst ist es zu erklären, dass man für eine Kelly Bag von Hermès heute mehr als ein halbes Jahr zu warten und bis zu 80.000 Dollar zu bezahlen hat. Markenprodukte scheinen längst mehr Imagegewinn zu versprechen als ein Altmeister-Gemälde oder eine zeitgenössische Installation.

Insofern hat man sich als Nische wacker behaupten können - auch dieser Tage. Die Spekulanten-Fraktion vermeintlich Kunstaffiner hat sich von der Spielwiese getrollt, statt ausschweifender Rekordstürme weht eine maßvolle Brise über den Markt. Keine Frage, vor allem international sind die Umsätze in der Phase der Läuterung in den vergangenen Monaten deutlich geschrumpft. Um einige Marktteilnehmer bereinigt, wird sich der Rest konsolidieren und wieder über wachsende Erträge freuen können. Nur, wann genau, das weiß derzeit niemand.

Österreich ist von dieser Entwicklung weniger betroffen, da der Sekundärmarkt und mit ihm sowohl die Auktionshäuser als auch der traditionelle Kunsthandel hauptsächlich die Binnennachfrage stillen. Zwar konnte man in den vergangenen Jahren vermehrt internationales Sammlerinteresse generieren, für den wesentlichen Umsatzkuchen blieben aber Herr und Frau Österreicher verantwortlich. Lediglich bei Spitzenware mussten Anbieter im letzten halben Jahr Zurückhaltung bemerken.

Ein Blick auf die zehn höchsten in den heimischen Auktionssälen erzielten Zuschläge belegt dies unmissverständlich. Denn, obwohl sich das netto Wertvolumen gegenüber dem Vergleichszeitraum der Vorjahre fast halbierte (2007: 4,59 Mio.; 2009: 2,65 Mio. Euro), wuchsen die Umsätze: zweistellig, mehr will das Dorotheum nicht verlautbaren - um 11,2 Prozent "im Kinsky" , das mit einem Bruttoumsatz von 14 Mio. Euro jetzt sogar ein Rekordergebnis vermeldete. Die offensichtlichsten Veränderungen: 2007 (Dorotheum, Alte Meister: Guido Cagnacci, Lucrezia, netto 1,15 Mio.) und 2008 (Kinsky, 19. Jhd.: Ferdinand Georg Waldmüller, Der Guckkastenmann, netto 1,05 Mio.) führten noch Millionenzuschläge genannte Liste an. Während sich in den vergangenen Jahren Werke Alter Meister und des 19. Jh.s mehrere Top-Ten-Platzierungen sicherten, baute das Segment der Klassischen Moderne seine Führung aus. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 11./12.07.2009)

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