Ohne Ausweis geht hier nichts
Marco Evaristti errichtete im Kunstraum Dornbirn seinen "Pinkstaat".
ARIANE GRABHER
Dornbirn (VN) Wenn
heute die Fahne gehisst ist, eröffnet Marco Evaristti seinen neuen
Staat. "Pinkstaat", die für den Kunstraum Dornbirn konzipierte
Sommerausstellung, basiert nach der Genfer Konvention auf dem Recht der
territorialen Staatsgründung. Der Eintritt in dieses temporäre
künstlerische Hoheitsgebiet ist nur mit gültigem Ausweis möglich. Mit
seinem Werk, das aufs Engste und manchmal Extremste mit der Natur
assoziiert ist, passt Marco Evaristti perfekt in das programmatische
Bezugsfeld des Dornbirner Kunstraums. Berühmt geworden mit seiner
Installation aus lebenden Goldfischen und Mixern in einem dänischen
Museum, die einen Rechtsstreit nach sich gezogen hat, machte der
Künstler mit den israelischen Wurzeln zuletzt durch sein
Grönlandprojekt auf sich aufmerksam. Rosa "Störfaktoren"
Mit roter
Fruchtfarbe eingefärbt, erklärte Evaristti einen Eisberg zu seinem
Territorium. Ein riesiges Plakat dieses surrealwirkendenEreignisses
bildet (auch im gedanklichen Sinn) die Hintergrundfolie für seine
aktuelle Arbeit in Dornbirn. Für die wurden Humus, Steine, Beton, Kies,
Rasen und Bäume aus Liechtenstein, der Schweiz, Deutschland und
Österreich hertransportiert und zu einer wundersamen Landschaftskulisse
samt rosa Teich arrangiert. Nicht lieblich, sondern real, wären da
nicht rosa "Störfaktoren" wie die Elefantenskulptur, ein geschützt in
einer Mulde errichtetes Zelt oder die Bocciakugeln, die zum Spiel
herausfordern. Als Farbe, die nicht Parteifarbe ist, jedoch eine
gewisse Dialektik in sich trägt, eignet sich Rosa perfekt für
Evaristtis künstlerische Grenzgänge zwischen Politik, Umwelt, Medien
und Kommunikation. Weniger auf der moralischen Ebene angesiedelt, als
bei der Arbeit mit den Goldfischen, wo die Besucher zu "Richtern über
Leben und Tod" wurden, dreht sich "Pinkstaat" um Fragen des
Territoriums und den damit verbundenen Machtansprüchen. Die Aktion mit
dem Pass als Eingangskontrolle erinnert ein bisschen an Santiago
Sierras Biennaleauftritt, ebenso wie das Bewegen von Erdmassen, wenn
auch die Aussage eine andere ist. Dennoch geht der Installation in der
Montagehalle die politische Sprengkraft, die das Werk von Evaristti
charakterisiert, ab. Naturerlebnis
Der zwischen Natur
und Künstlichkeit angesiedelte Park mit dem rosaroten Fischteich wirkt
äußerst ästhetisch und lässt in einer ländlichen Umgebung vergessen,
dass es sich bei dem inszenierten Innenraum-Naturerlebnis um eine
düstere Zukunftsvision handeln könnte. Trotzdem lohnt "Pinkstaat" einen
Besuch. Und wem es gefallen hat, der kann sich beim Verlassen des
Territoriums mit Souvenirs in Rosa eindecken. Die Ausstellung
im Kunstraum Dornbirn (bei der "inatura") wird heute, 20 eröffnet und
dauert bis 15. August. Uhr, Öffnungszeiten: Di bis So, 10 bis 18 Uhr. ZUR PERSON
Künstler Marco Evaristti
Geboren: 1963 In
Chile Ausbildung: Architekturstudium in Kopenhagen Laufbahn: zahlreiche
internationale Ausstellungen und Großprojekte, u. a. "The Ice Cube" in
Grönland Wohnort: Kopenhagen Marco Evaristti stellt im Kunstraum Dornbirn Fragen zu Natur- und Machterhalt. (Fotos: Stiplovsek)
|