Salzburger Nachrichten am 23. März 2002 - Bereich: kultur
Sexualität aus dem Gefrierfach

Im Salzburger Rupertinum wird heute, Samstag, die publikumswirksame Fotoausstellung "Sex and Landscapes" von Helmut Newton eröffnet.

WERNER THUSWALDNER

Gewiss wäre es ketzerisch zu fragen, ob die Fotografien Helmut Newtons im Kunstkontext ihren berechtigten Platz haben, ob sie nicht vielmehr in Lifestyle-Magazine gehören. Tatsache ist, dass der 1920 in Berlin geborene Fotograf jahrzehntelang für Modemagazine gearbeitet hat und ein großes Publikum anspricht, das nicht nur Kunst im Sinn hat.

Die Frage ist ketzerisch, weil die Fotografien längst Eingang in die wichtigen öffentlichen Sammlungen gefunden haben. Damit wird anerkannt, dass etwa seine Aktaufnahmen ihre starke Wirkung aus der aufwändig ausgeklügelten Inszenierung bekommen. Immer ist es ein ganz bestimmter Frauentypus, umgeben von einer ausbalancierten Aura. Sie signalisiert Anziehung und Abwehr zugleich. In den kunstvollen Arrangements, sei es in Innenräumen oder am Pool, haben außer dem nackten Körper zu Fetischen aufgeladene Gegenstände einen wichtigen Stellenwert. Die Künstlichkeit sorgt dafür, dass das Thema der Sexualität, das trotz der Enttabuisierung in jüngerer Zeit nach wie vor Sprengkraft hat, gezähmt, gleichsam eingefroren erscheint. Viele dieser Aufnahmen erwecken den Eindruck, als stammten sie aus einer Filmhandlung.

Newton wurde beim Pressetermin am Freitag im Rupertinum gefragt, warum er diesen bestimmten, selbstbewussten Frauentypus auf hohen Absätzen bevorzuge. Er sagte lapidar, dass ihn die weichen Frauen nicht interessieren. Mit dem Vorwurf der Pronografie fühle er sich nicht getroffen. Der Terminus "Voyeurismus" käme der Sache wahrscheinlich schon etwas nä-her. Die Feministinnen, die sich im Lauf der Zeit gewandelt hätten, kä-men heutzutage mit ihm - im Gegensatz zu früher - schon etwas besser zurecht, sagte Newton.

In der Schau sind Aktaufnahmen mit Landschaftsbildern gemischt. Dass Newton auch viel anderes gemacht hat und vor allem auch ein hervorragender Porträtist ist, bleibt in der Ausstellung unberücksichtigt. Während die Aktbilder großen strategischen Aufwand bedeuten, entstehen die Landschaftsaufnahmen spontan. Ein wiederkehrendes Motiv sind Flugzeuge, die er aus seinem Fenster zu Hause fotografiert. Natürlich sind auch das keine Schnappschüsse, auch ihre Wirkung ist spektakulär und die gelegentliche Unschärfe ist einkalkuliert.

Gefragt, ob er in Salzburg fotografieren werde, sagte Newton: "Ganz bestimmt." Ihn interessiere ganz besonders die Turmsilhouette der Stadt mit den kulissenartigen Gebirgszügen dahinter.

Bis 20. Mai.