16.04.2002 23:15:00 MEZ
"Politik als ästhetische Kategorie"
... und Kampfjets mit Tierfiguren kombiniert: "Protest! Respect!" in der Kunsthalle St. Gallen

St.Gallen - Unter dem Titel "Protest! Respect!" zeigt die Kunsthalle St.Gallen bis 17. Juni eine Gruppenausstellung zum Thema "Politik als ästhetische Kategorie". Vertreten sind Werke von Annelise Coste, dem Atelier von Lieshout, Jens Haaning, Karla Rockmaster K., San Keller, Gianni Motti, Olaf Nicolai, Anri Sala, Shahrzad und Santiago Sierra.

"Mediatisierte Figuren"

"Noch nie haben Kunst und Politik auf visueller und inhaltlicher Ebene so viel gemeinsam gehabt wie heute", schreibt Gianni Jetzer, Kurator der Kunsthalle. Politiker würden zunehmend zu "mediatisierten Figuren", ihr Auftritt sei in erster Linie ein ästhetisches Ereignis. Künstler und Modemacher hingegen thematisierten auf formaler und inhaltlicher Ebene in hohem Maß Politisches. "Nicht um die Welt zu verändern oder zu verbessern, sondern als vordergründig ästhetisches Erlebnis", so Jetzer. Politische Parolen sucht man vergebens, die gezeigten Werke und Installationen hätten vielmehr "eine Ästhetisierung des Politischen als künstlerische Äußerung" zum Inhalt.

Kampfjets mit Tierfiguren

So bringt die Französin Annelise Coste Namen von Kampfjets mit Tierfiguren zusammen. Das holländische Atelier van Lieshout hat vor einigen Jahren in Rotterdam einen eigenen Staat ausgerufen und zeigt in St.Gallen seine selbstgebauten Verteidigungswaffen, die zwar funktionieren, aber nie eingesetzt werden. Der dänische Künstler Jens Haaning präsentiert Fotos aus seinem "Refugee Calendar" (Flüchtlingskalender). Er befreit ausländische Besucherinnen und Besucher der Kunsthalle vom Eintrittsgeld und betreibt damit eine Art positive Diskriminierung.

Öcalan monumental

San Keller ruft am 4.Mai im Rahmen einer 24-Stunden-Aktion auf St.Gallens Straßen zum Friedensbruch auf. Der in Genf lebende Gianni Motti zeigt an der Fassade der Kunsthalle ein monumentales Wandgemälde des Kurdenführers Öcalan. Motti hatte das Bild im Sommer 2000 in Basel aufgestellt und damit ein Demonstrationsverbot missachtet. Die Polizei entfernte das Porträt, das nun in St.Gallen wieder zu sehen ist.

Der in Mexiko lebende Santiago Sierra hat sich die Arbeit "1000 cm of displacement for three chalk cubes of 100 cm per side" ausgedacht: Fünf Arbeiter, von der Kunsthalle zu Minimallöhnen angeheuert, sollen in mühsamer Schieberei drei Kreideblöcke von einem Meter Kantenlänge zehn Meter weit bewegen. Die Ausstellung in der Kunsthalle umfasst zudem Werke und Installationen des iranischen Künstlerkollektivs "Shahrzad", des aus Tirana (Albanien) stammenden Anri Sala sowie von Olaf Nicolai, dessen Arbeit "Lenin" zu sehen ist. (APA/sda)


Quelle: © derStandard.at