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Kunstberichte

Das NÖ Landesmuseum präsentiert eine Fülle zeitgenössischer Skulpturen

Am Rande des Greifbaren

Ausgelastet: Der „Bürohengst“ von Gelitin.  Foto: Rita Newman

Ausgelastet: Der „Bürohengst“ von Gelitin. Foto: Rita Newman

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

An Skulpturen scheiden sich die Geister – auch am Begriff selbst: Statt der "Bildhauerei" kannte die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nur noch die "Plastik", seit den späten 80er-Jahren wird über "Objektkunst" parliert. Der Erweiterung des Begriffs, hin zu Themen der Alltagswelt mit neuen Materialien, steht das Ende der traditionellen Steinbildhauerei gegenüber: Vor allem die weiche Skulptur, in der Pop-Art hauptsächlich von Claes Oldenburg etabliert, schafft Verbindungen zu Textilem und neuen Kunststoffen.

Eine der Jubiläumsausstellungen des Landesmuseums in St. Pölten, das nun fünf Jahre alt ist, befasst sich mit dem heiß diskutierten Thema. Und der Titel – "Die Liebe zu den Objekten" – gilt auch für ungeliebte Gegenstände: Selbst Waren- und Müllcollagen sind hier zu finden und zeigen ihre Nachwirkung bis heute. Was Padhi Frieberger früh begann, setzen unter veränderten Vorzeichen Oswald Stimm, Evelin Klein oder Gerhard Kaiser fort, auch Gipspassstücke von Franz West schließen hier an. Dabei hat Frieberger mit seiner Arbeit "Die Liebe der Fans zu den Objekten ist oft bloßes Lippenbekenntnis" von 1980 den Titel der Schau angeregt.

Textil hat sich hier längst vom Handwerklichen einer weiblichen Ästhetik – ein Trend im Feminismus der 70er-Jahre – entfernt. Als Ausdrucksformen kamen ab den 80er-Jahren die Neuen Medien hinzu, die mit Metall zu Installationen verwuchsen. Neue Materialien und ungewöhnliche Kombinationen mit Alltagsgegenständen wie Möbel sind beliebter als die traditionellen Materialien Holz oder Bronze: Entwicklungen, für die Kuratorin Alexandra Schantl auf den reichen Fundus aus Ankäufen des Landes zurückgreifen kann und bei etwa hundert Exponaten den Objektbegriff bis in seine immaterielle Form als Lichtskulptur verfolgt, bis ins Video und in die Fotografie.

Frauen im Metall-Revier

An diesen Rand des Greifbaren gehen vor allem Brigitte Kowanz, Stephan Fillitz oder Karin Vidensky, aber auch Bernhard Leitner mit seinem Ton-Schirm; die Videoskulpturen von Gundi Berghold und Gertrude Moser-Wagner sind schon heute neue Klassiker. Künstlerinnen haben den Trend zuerst erfasst, sind mittlerweile aber auch in der Männerdomäne Metallgestaltung – mit Brigitte Lang oder Marianne Maderna – vertreten.

Dem international bekannten Erwin Wurm ist eine ganze Nische gewidmet, die eine kleine Werkschau von seinen Anfängen mit Holzlatten bis zu seinen fotografierten One-Minute-Sculptures präsentiert. Teamwork zeigen neben K.U.SCH auch Prinzgau/Podgorschek und Gelitin, deren "Bürohengst" den beliebten Faktor Ironie neben einem unheimlichen Alltag vorführt.

Die Liebe zu den

Objekten

NÖ Landesmuseum

St. Pölten

http://www.landesmuseum.net

Bis 26. Oktober 2008

Spannend geweitetes Feld.

Freitag, 28. Dezember 2007

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