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16.01.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstbuero: Neue Freunde - Galerie Insam: Kryptologie

kunstraum

Die Menschen, die man auf Reisen trifft und die Erzählungen, die untrennbar mit diesen Fremden verbunden sind: "This is how we do" nennt Susi Jirkuff ihre aktuelle Schau und lässt in einer Reihe neuer Videoanimationen solche temporären Weggefährten auftreten. Das "Wir" im Ausstellungstitel deutet darauf hin, dass Jirkuff hier auch ein Porträt ihrer Generation versucht. In dem kurzen Film "Mother" fährt ein Typ im Auto durch eine schwarzweiß gezeichnete Stadt und erzählt nebenher vom Tod seiner Mutter. Der Asiate Hong Jon, eine andere Figur aus Jirkuffs Imagination, berichtet von einem Gedächtnisschwund, der in den österreichischen Alpen plötzlich Auflösung fand.

In den Geschichten werden beiläufig Wohnortswechsel und kulturelle Unterschiede behandelt. Auch der Künstler Siggi Hofer hat einen Auftritt als Comicfigur. Mit einfachen Mitteln flößt Jirkuff ihren Gestalten Lebendigkeit ein: Bewegte Augenbrauen, ein auf und zu gehender Mund oder schattierte Gesichtszüge reichen schon. Eine sonnige Atmosphäre erhält die Ausstellung durch die Projektion von gezeichneten Palmen, die sich wie eine strahlende Wandtapete ausnehmen. Die Schau verhandelt auch Klischees. So die steifen Discotänzer älteren Semesters, die Jirkuff in einem extra Raum vorführt. Dabei handelt es sich um ein peinliches Lehrvideo aus den Siebzigerjahren, das die Künstlerin mit zeitgenössischer Rapmusik konterkariert. (Bis 21. 1., Schadekg. 6-8, Wien 6)

Galerie Insam: Kryptologie

Ursprünglich war Art & Language der Titel einer 1968 gegründeten Zeitschrift sowie der Name einer Gruppe britischer Künstler, die kollektiv und anonym arbeiten wollten. Seit 1976 betreiben nur mehr Mel Ramsden und Michael Baldwin das Projekt, dessen Prämisse die gleichberechtigte Behandlung von Sprache und Bild ist. Grita Insam arbeitet bereits seit den frühen Achtzigerjahren mit den englischen Konzeptkünstlern.

Lesen oder Betrachten - diese Falle stellen die "documenta"-Veteranen auch in ihrer aktuellen Wiener Ausstellung wieder. Was als konkrete Malerei von Farbbändern daherkommt, gibt beim Nähertreten kleinst gedruckte Textzeilen hinter der Farbe preis. Auf dem Boden vor den "Gemälden" liegt der vergrößerte Text in Posterform. Ist der Schlüssel zu dieser Installation (25.000 €) irgendwo in den rätselhaften kunsttheoretischen Passagen zu finden?

Das stuhlförmige Objekt "Sighs trapped by Liars" (35.000 €) hat Handfesteres zu bieten: Die Leinwände, aus denen es zusammen gebaut ist, sind mit Seiten aus pornografischer Literatur bedruckt. Humor beweisen A & L auch mit ihren Bildern aus weißen Puzzleteilen (7500 €): Diese ironischen Triptychons sollen Landkarten darstellen, die sich entweder selbst kartografieren, nichts darstellen oder als "Karte des Pazifiks westlich von Oahu" bezeichnet sind. Mittels Malerei haben sich die Künstler in das Foto einer älteren Rauminstallation hineingesetzt: Gemäß ihrer antiretinalen Kunst hält sich der aufs Foto gemalte Mann die Augen zu. (Bis 4. 2., An der Hülben 3, Wien 1) Nicole Scheyerer

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