Der Zufall ist nicht zufällig
Zum 60. Geburtstag präsentiert Gerold Hirn die Schau "Ex Tempore" in Feldkirch.
ARIANE GRABHER
Feldkirch (VN) Mit
einer Ausstellung im Feldkircher Palais Liechtenstein, jenem Haus, wo
er seit über dreißig Jahren im Kuratorium wirkt, zelebriert Gerold
Hirn, umtriebig und allgegenwärtig wie eh und je, seinen 60.Geburtstag.
Es ist müßig aufzuzählen, was Hirn in seiner Person alles vereint, was
er ist und was er nicht ist. Fest steht, dass er zwischen
"Selbstdarstellung und Entselbstlichung" (Lucas Gehrmann) in der
Leichtigkeit seines Tuns ("oder ist es gar Leichtfertigkeit?", wie ein
Vernissageredner meinte) immer noch polarisiert - und das wird auch mit
der aktuellen Ausstellung so bleiben. Mehr Expressivität
Da 60 werden an
sich noch kein Verdienst darstellt und "schon gar keinen Grund, um
sentimentalzuwerden"(Hirn), bedeutet der Anlass auch für Gerold Hirn
nicht mehr als einen kurzen Blick zurück. Der schlägt sich in einer
Auswahl von Werken der letzten fünf Jahre nieder. Vom Formelhaften weg,
hin zu all-over-Strukturen und wieder mit mehr Expressivität im
Handgelenk, frönt der Maler nach wie vor seinem Lieblingsformat, dem
Quadrat. Seriell verwendet, in vier standardisierten Größen von 40 bis
140 cm, bedeutet es für den Künstler die Rückkehr zur Ordnung. Wobei
ihm Ordnung ein relativer Begriff ist, denn "Chaos", so Hirn, "ist die
höchste Form der Ordnung". Im fast
alchemistischen Umgang mit Lacken und Beizmitteln ist der Zufall
keineswegs zufällig, sondern ein willkommener Weggefährte. Immer noch
malt sich Hirn frei, fast manisch. Schauen und malen, überarbeiten und
nachdenken übers Bild sind ihm eins. Bezogen auf den Output, zeigt die
aktuelle Schau mit 65 Arbeiten einen Bruchteil. Und doch fühlt man sich
wie in einer der sich eng und enger einrollenden Spiralen, die das
Künstlerdasein von Hirn in einer Phase begleitet haben. Dicht gehängt,
fehlt der Raum zwischen den Arbeiten, es kann sich nur schwer Spannung
aufbauen. Jedes Bild ist zwar für sich abgeschlossen, wirkt aber wie
ein Ausschnitt und Teil eines mäandernden Bildkosmos, in dem man leicht
die Orientierung verlieren kann. "Ex Tempore", was soviel wie
Improvisation bedeutet, nennen sich die Ausstellung und das begleitend
dazu erschienene Buch, das annähernd 500 Arbeiten, von 1990 bis heute,
dokumentiert. Nebst
Textbeiträgen aus dieser Zeit und einem neuen Text zu Hirn und zum Werk
von Susanne Berchtold liefert die Monografie ganz am Ende vielleicht
doch noch einen Blick zurück. Wenn auch nicht im Zorn, so doch voll
Selbstüberzeugung und Ironie, steht da der lateinische Satz "In patria
natus non est propheta vocatus". Geöffnet im
Palais Liechtenstein in Feldkirch bis 17. Juli Mi und Fr 16 bis 19 Uhr,
Do, 16 bis 21 Uhr, Sa und So, 10 bis 13 Uhr. ZUR PERSON
Künstler Gerold
Hirn Geboren: 1945 in Raggal Ausbildung: als Maler autodidaktisch
Laufbahn, Aktivitäten: Ausstellungen im In- und Ausland, Jurist,
Galerist, Beirat "art bodensee" etc. Auszeichnungen: Ehrengabe für
Kunst d. Landes Wohnort: Feldkirch Arbeit von Gerold Hirn. (Foto: A. Grabher)
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