diepresse.com
zurück | drucken

24.11.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellungen: Das große Glühen
VON ALMUTH SPIEGLER
Zwei Privatsammlungen bringen in Wien auf jeden Fall eines in den Herbst: Licht. Die Targetti-Collection im MAK und Francesca Habsburgs Auswahl in ihrem "T-B A21"

Zwei Millionen Besucher gingen im Frühling vor Olafur Eliassons monumentalem Sonnenaufgang in der Turbinenhalle der Londoner Tate Modern im wahrsten Sinn des Wortes auf die Knie, lagen schließlich haufenweise am Rücken und gaben sich der orange-rauchigen Atmosphäre hin. Im Sommer wurde das neue Salzburger Museum am Berg mit Licht-Kunst eingeleuchtet - und jetzt im Herbst beginnt auch Wien zu glühen. Gleich zwei Lichtpunkte fallen hier zusammen: Francesca Habsburg zeigt seit Dienstag eine neue Auswahl aus ihrer auf Licht- und Toninstallationen spezialisierten Sammlung in ihren heuer eröffneten "T-B A21"-Räumen. Und MAK-Direktor Peter Noever fuhr in der Nacht in seinem Haus per Fernbedienung die Fassaden-Erleuchtung von James Turrell hoch (siehe Interview) - gedacht für die nächsten "hundert oder tausend Jahre." An Energie hat es Noever schließlich noch nie gemangelt.

Fünf Jahre lang dauerte die Entwicklung der Technologie für Turrells Installation, die auf die historische Substanz des Ferstel-Baus Rücksicht nehmen musste. Wesentlich dazu beigetragen hat der Florentiner Kunstlicht-Experte Targetti, dessen Licht-Kunst-Sammlung Noever jetzt dankbar in der Ausstellungshalle im ersten MAK-Stock präsentiert. Naturgemäß sind hier vor allem italienische Künstler vertreten, die Mischung ist äußerst dekorativ, ästhetisch und malerisch, was leider einen Hang zum Konservatismus zur Folge hat: Die meisten Werke bleiben brav im Tafelbild-Format, bedienen sich des guten alten Leuchtkastens, den Fabrizio Plessi in seiner Arbeit gleich kritisch hinterleuchtet: Zwei Neonröhren setzte er untereinander - die eine gefilmt, die andere real. Manchmal driften die Licht-Objekte in den Kitsch ab, wie die kristallinen Formen des jungen Nicola Evangelisti. Manchmal wirken sie zu gestaltet, wie die vibrierenden Schwanenfedern von Nicola Toffolini. Manchmal aber treffen sie auch genau einen Zeitgeist, wie etwa Fabrizio Rivolas schwarzer Kasten aus dem Jahr 2000, auf dem abwechselnd sinnsuchende Sprüche aufleuchten wie "Who Is to Blame?" - Das Schweizer Duo Fischli/Weiss projizierte ähnliche Fragen bei der Biennale Venedig 2003 in einen dunklen Raum.

Was aber fasziniert Künstler gerade heute so am "Material" Licht? Die Technik-Euphorie scheint etwas abgekühlt, neben den Pseudo-Wissenschaftler tritt in der Kunst immer stärker eine neue Generation von Phänomenologen. Diese Mischung ist gut in Habsburgs "T-B A21" zu erkennen, die in ihrer zweiten Schau "Modus Operandi" bewusst Künstler wie Carsten Höller und Doug Aitken (Abb.) ausgewählt hat, die sich von den Wissenschaften inspirieren lassen. Da darf natürlich auch Olafur Eliasson nicht fehlen, der sein Interesse an der Natur und am Unerklärlichen in hemmungsloser Poesie stillt. Während er der Targetti-Collection 1997/1998 einen Sternenhimmel noch in ein schnödes Quadrat-Kastl einschrieb, sprengt er in der Himmelpfortgasse alle Rahmen: Mit den sich überschneidenden Reflexionen zweier von der Decke hängenden Linsen treibt der Isländer an den Wänden ein scheinbar unendlich variierendes Farbspiel - es war im Sommer im Salzburger Museum am Berg zu bewundern.

MAK, "Targetti Light Art Collection", bis 16. Jänner, Di. 10-24 Uhr, Mi.-So. 10-18 Uhr.

T-B A 21, "Modus Operandi", Himmelpfortg. 13, Wien 1, 2. Stock, bis 12. Februar, Di.-Sa. 12-18 Uhr.

[Foto: Aitken/T-B A21]

© diepresse.com | Wien