Schlafzimmer im Ausstellungsraum | |
Varianten der Veränderung stehen im Mittelpunkt der Ausstellung "Re:
Location" im Linzer OK Centrum für Gegenwartskunst.
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Edmund Sackbauer hat es schon in den
70ern vorgezeigt das wandverbaute Klappbett. Eine auf den ersten
Blick ähnliche Installation hat der Österreichische Künstler Andreas
Strauss bei der Ausstellung "Dialog 3, Re: Location" im Linzer Centrum für
Gegenwartskunst gemacht. Das Schlafzimmer sieht bewohnt aus. In der
Mitte ein Bett, darauf die Polster und eine Decke. Links und rechts neben
dem Bett stehen Tischchen, darauf kleine weiße Lampen. Wer genau hinsieht,
erkennt die Details. Eine Tasche, ein Handy und einige private Fotos.
Das in Orginalgrösse nachgebaute Zimmer ist nur zweidimensional und auf
wenige Zentimeter Breite zusammenklappbar. Wie ein riesiges Pop-Up-Bild
kann man den gesamten Raum - samt braunem Raufaserteppich - ausklappen.
Die Oberflächen des Zimmers wurden von einem Originalwandverbau samt
Bettdecken und Polster abfotografiert und vergrößert. Im Anschluss wurden
die ausgedruckten Fotografien wie Plakate auf dünne Holplatten geklebt.
Vor dem Bett steht auch ein zweidimensionaler Fernseher. Das Programm wird
von einem Videobeamer projiziert. Das Schlafzimmer ist für die Besucher
benutzbar. An statt auf einer weichen Matratze liegt man allerdings auf
dem hartem Untergrund des vergrößerten Papierabzuges. Dialog 3 Zu dritten Mal veranstaltet das Centrum für Gegenwartskunst die
Ausstellungsreihe "Dialog". Gezeigt werden unterschiedliche
Herangehensweisen transnationaler, zeitgenössischer Kunstproduktion. Nach
Südafrika (1999) und Litauen (2000) steht heuer Polen im Mittelpunkt.
Kuratiert wird die Ausstellungsreihe von einem Vertreter des jeweiligen
Gastlandes. Heuer ist es Adam Budak, der in seiner Heimat Leiter der
Krakauer Galerie Bunkier
Sztuki ist. Zur Vorbereitung der Ausstellung besuchten die
österreichischen Künstler Karl-Heinz Klopf, Thomas Latzel-Ochoa und
Andreas Strauss Polen. Die beiden polnischen Künstler Dominik Lejman und
Palwel Althamer haben in Österreich recherchiert. Die Ergebnisse der
Reisen sind noch bis einschließlich 15. Juli im Linzer OK Centrum für
Gegenwartskunst zu sehen. "Verortungen" In dem von Adam Budak gewählten Titel "Re: Location" geht es um
Phänomene der Oberfläche und deren Variablen. Dabei sollen die physischen
und psychischen Prozesse des "Verortens" (investieren, setzen, situieren,
verschieben, übertragen, bewegen) ausgelotet werden. Der Begriff der
Oberfläche beschreibt auch Orte des Geschehens, der Situation und der
Veränderung. Die Künstler haben in ihren Arbeiten verschiedene Strategien
der Relocation entwickelt. Von Überlagerungen, Abtrennungen und
Umgestaltungen bis zu Transmissionen und Auswechslungen. Die Oberflächen
reichen von Leinwänden über offene Gänge des öffentlichen Raumes bis zu
rhizomatischen Bildschirmlandschaften virtueller Environments. An
scheinbar vertrauten Orten werden Fragen gestellt - von der Architektur
bis zu konstruierten Identitäten. Schnell da - schnell weg Die Installation "Schnell da - schnell weg", des 1968 in Wels geborenen
Künstlers, Andreas Strauss versteht sich als Transformation eines
Schlafzimmers in einer anderen Form an einen anderen Ort. Das Schlafzimmer
ist aus einem Ikea Katalog entnommen. Das Möbelhaus steht für die
Beliebigkeit des Ortes, an dem es aufgestellt wird. Das kann in Polen
genauso sein wie in Österreich oder wo anders. Kunst und Schweiß Thomas Latzel-Ochoa verwandelt einen dreistöckigen, schmalen, langen,
überdachten Innenraum, der früher die Außenfassade des Centrums für
Gegenwartskunst war, in einen Basketballplayground. Mit seiner
Installation transferiert der 1961 in Wien geborene Künstler den
Amerikanischen Hinterhofsport in einen ehemaligen Linzer Hinterhof. In
seiner Installation geht es Latzel-Ochoa um die Aufhebung von
Zweckbindungen der Räume. Spontane Spiele von Ausstellungsbesuchern,
Haustechnikern und Künstlern sind das Ziel. Wawel Der Wawel in
Krakau ist die bedeutendste Schlossanlage Polens. Gegenüber dem
Renaissancebau befindet sich das japanische Kulturinstitut "Manggha", ein
moderner Glasbau. Während einer Ausstellung wurden dort japanische
Zeichentrickfilme (Mangas) gezeigt. Die Monitore stehen am Fenster. Im
Hintergrund sieht man das Schloss.
Die Manga-Märchen überschneiden sich thematisch und szenisch auffallend
oft mit alten polnischen Legenden. Auf einer großflächigen
Videoinstallation wird die Ausstellungssituation von Krakau noch einmal in
Linz gezeigt. Ergänzt wird die Installation des in Wien lebenden Künstlers
Karl-Heinz Klopf durch drei Interviews zur Ausstellung. Darin geht es um
den kulturellen, ideologischen und nationalen Wert des Schlosses aus der
Sicht einer in Krakau lebenden Japanerin und zwei Polinnen. Negative Schifahrer Mit dem Österreichklischee der Polen hat sich Dominik Lejman in seiner
Videoinstallation "zum Besseren" auseinandergesetzt. In einer
Negativprojektion fahren, auf schwarzem Schnee, als kleine weiße Gestalten
erkennbare Schifahrer die Hänge hinunter. Die wedelnden Individuen haben
auf der Piste offensichtlich nichts miteinander zu tun. Sie stehen
archetypisch für die Individualisierung der Gesellschaft, die in ihrer
Selbstinszenierung immer an der Oberfläche bleibt. In seiner zweiten Installation wird eine zirka 30 Meter lange Rampe vor
dem Ausstellungsgebäude gefilmt. Die Bilder werden auf einen Fernseher ins
Innere übertragen. Geht jemand auf der Rampe, werden zeitverzögert nackte
Menschen neben die Person projiziert. Überwachung wird zum dekorativen
Element stilisiert. Polnischer Club Zwei verbeulte olivgrüne Spinde stehen in einem weißen Raum. Gefüllt
sind sie mit Arbeitskleidung, Handtüchern und verbrauchten
Toiletteartikel. Auf den Spinden stehen leere Bierflaschen. In der Ecke
liegt ein Hammer, daneben steht ein Handwagen mit einer
Schweißervorrichtung. Arbeiter mit Lech-Walesa-Schnauzbärten sitzen rund
um eine fiktive Baustelle. Sie trinken Bier, plaudern mitsammen und
jausnen. Arbeiten sieht man sie nicht. Im Raum daneben hängt martialisch das Polnische Wappen. Auf
Miniaturwebstühlen sind halbfertige Teppiche mit polnischen
Sehenswürdigkeiten gespannt. Der Raum mit hellem Holzfußboden und seinem
mehr oder minder passenden Mobiliar wirkt aufgeräumt und halb leer. Der Polnische Club ist ein ironisches Spiel des polnischen Künstlers
Pavel Althamer mit den Vorurteilen der Österreicher gegenüber Polen. Als
Statisten dienen ihm die Mitglieder des gleichnamigen Polnischen Clubs in
Linz. Durch ihre physische Präsenz vermischt sich das Öffentliche mit dem
Privaten, das Politische mit dem Kulturellen, das Nationale mit dem
Multikulturellen und am Ende die Realität mit der Fiktion. | ||||||