Regisseur Christoph Schlingensief 49-jährig gestorben

21. August 2010 | 17:19 | wien/berlin | apa | http://www.salzburg.com/online/7mal24/aktuell/Regisseur-Christoph-Schlingensief-49-jaehrig-gestorben.html?article=eGMmOI8VgjtLRCN797Rgvz4ZMWpPYw4IwVaCgvA&img=&text=&mode=" href="http://www.facebook.com/sharer.php">Teilenipt>Teilen33
Der deutsche Regisseur, Autor und Theater-Provokateur Christoph Schlingensief ist seinem Krebsleiden erlegen, berichteten die Tageszeitungen "Österreich" und "Kurier". Das Büro der deutschen Ruhr-Triennale in Mühlheim, bei der heute, Samstag, die Premiere von Schlingensiefs Stück "SMASH - in Hilfe ersticken" stattfinden hätte sollen, bestätigte "Österreich" den Todesfall.
apa wien/berlin

Der Theater- und Filmregisseur Christoph Schlingensief ist tot. Er starb im Alter von 49 Jahren am Samstag in Berlin, wie seine Ehefrau Aino der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Schlingensief gehörte zu den bedeutendsten Regisseuren der Gegenwart und hat wie nur wenige die deutschsprachige Film- und Theaterwelt beeinflusst. Schlingensief war Anfang 2008 an Lungenkrebs erkrankt und operiert worden.

Schlingensief galt als einer der umstrittensten Vertreter des deutschsprachigen Kulturbetriebs. In Österreich sorgte er nach der umstrittenen schwarz-blauen Regierungsbildung für Aufsehen, als er im Mai 2000 in Anlehnung an die damals beliebte Fernsehsendung „Big Brother“ einen Container mit Asylbewerbern vor der Wiener Staatsoper aufstellen ließ. Die Bewohner wurden gefilmt, die Aufnahmen ins Internet live übertragen. Jeden Tag mussten dann zwei der „Asylwerber“ nach einer Internet- und Telefonabstimmung ausscheiden und wurden „abgeschoben“.

Im Jahr 2004 sorgte er bei den altehrwürdigen Bayreuther Festspielen mit einer modernen „Parsifal“-Inszenierung für einen Skandal. Damals entspann sich ein heftiger Streit zwischen dem Regisseur und Festspielchef Wolfgang Wagner sowie dem Sänger der Titelpartie, Endrik Wottrich, der die Inszenierung als „Dreck“ und „Müll“ brandmarkte. Schlingensief griff seinerseits nicht nur Wottrich an („Neger“), sondern auch den Festspielchef selbst, weil dieser keine Ahnung von der bei der Inszenierung verwendeten Videotechnik gehabt habe.

Schlingensief war im Jahr 2008 an Lungenkrebs erkrankt und operiert worden. Jüngst hatte sich sein Gesundheitszustand wieder verschlechtert. Im Juli musste er seine Produktion für die Ruhrtriennale absagen, weil es „neue Befunde“ in seinem Krankheitsfall gegeben habe, „ein paar harte Neuigkeiten“. Der Film-, Theater- und Opernregisseur („Das deutsche Kettensägenmassaker“), der zuletzt ein „Operndorf“ im afrikanischen Burkina Faso baute, setzte sich seit geraumer Zeit auch künstlerisch mit seiner Lungenkrebserkrankung auseinander, etwa mit seinen letzten Inszenierungen „Mea Culpa“, „Kirche der Angst“ oder „Sterben lernen“.

Im Frühjahr 2009 veröffentlichte Schlingensief sein „Tagebuch einer Krebserkrankung“ veröffentlicht, das große Beachtung gefunden hatte. Der Erscheinungstermin seiner Memoiren wurde erst kürzlich ohne Angabe von Gründen verschoben. Sie hätten Ende September, rechtzeitig vor dem 50. Geburtstag Schlingensiefs, in die Buchhandlungen kommen sollen.

Zuletzt hatte Schlingensiefs überraschende Berufung zur künstlerischen Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Biennale in Venedig 2011 Aufsehen erregt. An der Pressekonferenz zur Vorstellung seiner Pläne hatte er Anfang Juli in Frankfurt am Main aber krankheitsbedingt nicht teilnehmen können. Für Anfang Oktober 2010 war eine Schlingensief-Inszenierung zur Wiedereröffnung des Berliner Schillertheaters geplant, der Ausweichspielstätte von Daniel Barenboims Staatsoper. (Forts. mögl.) vos

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