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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
10. Dezember 2008
16:35 MEZ

Dieses Original stammt von Josef Hoffmann, Karl Lagerfeld kopierte den Entwurf  für Chloé.


Der König der Knöpfe
Internationales Interesse an Wiener Werkstätte: Josef Hoffmanns 1906er-Manschettenknöpfe machen nun in Wien Station

Wien - Ein 2,5 mal 2,5 cm kleiner Knopf zählt seit Dezember 2007 zum teuersten jemals in einer Auktion versteigerten der Welt. Die Taxe hatte sich auf 4000 bis 5000 Euro belaufen, eine Kalkulation, die die Interessenten kaltließ. Auftrags-, Saal- und Telefonbieter lieferten sich im Dorotheum schnell ein erbittertes Gefecht.

Erst bei brutto 55.200 Euro kam für einen britischen Sammler das ersehnte "zum Dritten" . Keine Frage, am Materialwert - vergoldetes Silber mit Opal- und Korallencabochons kombiniert - hatte sich der Käufer mit Sicherheit nicht orientiert. Maßgeblich war das von Josef Hoffmann um 1906 datierte Design, ausgeführt wurde das auch als Manschettenknopf gebräuchliche Modell von der Wiener Werkstätte (WW).

Im Mai dieses Jahres gelangte das gleiche Modell als Paar im Dorotheum zur Auktion und wechselte für 61.300 Euro in amerikanischen Besitz. Bei derlei Beträgen scheinen Österreicher nicht mithalten zu können oder zu wollen. Das könnte sich noch ändern.

Ganz langer Atem

In den drei Jahrzehnten ihres Bestehens produzierte die WW rund 2900 Schmuckentwürfe: Broschen, Anhänger, Halsketten, Diademe, Ringe, Krawattennadeln oder Gürtelschließen, zunächst großteils Unikate, die sich allerdings nur die finanzkräftige Stammklientel aus dem Umfeld der Großauftraggeber leisten konnte. Erst in der Spätzeit bot man auch Emailschmuck in höheren Auflagen. Aktuell gibt das Wien Museum ("Glanzstücke - Emilie Flöge und der Schmuck der Wiener Werkstätte" , noch bis zum 22. Februar 2009) Einblick in dieses Sortiment. Die Ausstellung entstand über eine Kooperation mit der Neuen Galerie in New York, die diesem Thema erstmals überhaupt im Frühjahr eine Retrospektive gewidmet hatte. Kein Wunder, denn die Mehrheit der Exponate stammt aus dem Besitz Ronald S. Lauders. In den vergangenen Jahren hatte er nahezu jede Chance genutzt und die in Wien, London oder New York angebotenen kleinen WW-Meisterwerke erworben.

Gegenüber anderen Bietern hatten er und andere amerikanische Sammler stets den längeren (finanziellen) Atem: 2001 reiste das von Kolo Moser 1904 für dessen Schwiegermutter Magda Mautner Markhof entworfene Silber-Collier mit Opalen und Lapislazuli für 3,54 Millionen Schilling, umgerechnet rund 257.300 über "im Kinsky" in die USA. Das gleiche Schicksal ereilte 2003 zwei über das Dorotheum angebotene Broschen, die nun im Wien Museum präsentiert werden. Darunter auch jene mit 30 Lapislazuli-Cabochons, die auf einigen Fotografien Emilie Flöges zu sehen ist und die als Unikat schließlich in den Besitz der Ehefrau des WW-Finanziers Waerndorfer gelangte.

Die Faszination dieser Schmuckstücke liegt wohl auch in der eleganten Kombination zwischen geometrischer Ordnung und den gleichsam frei eingestreuten Halbedelsteinen. Und das gefiel auch Karl Lagerfeld. In den 80er-Jahren diente ihm ein bestimmter Hoffmann-Entwurf als Vorlage für eine Modeschmuck-Kollektion von Chloé, eine Brosche und ein Anhänger als historisches Zitat in fünffacher Vergrößerung. Das Modell Nummer "G362" war 2003 bei Christie's in New York für stolze 107.550 Dollar unter den Hammer gekommen. Jetzt ziert die Brosche das Cover des begleitenden Ausstellungskatalogs und macht in Wien Station. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.12.2008)

 

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