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Kunstberichte

Das Leopold Museum präsentiert ein buntes Spektrum tschechischer Malerei aus der Sammlung Kooperativa

Vom Barock bis hin zum Kubismus

Meister des Alltags: Norbert Grunds „Lustbarkeit im Schlosspark“.  Foto: Kooperativa/Tich ý

Meister des Alltags: Norbert Grunds „Lustbarkeit im Schlosspark“. Foto: Kooperativa/Tich ý

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Erstaunlich ist das Leitmotiv dieser Ausstellung tschechischer Malerei: Josef Capek Porträt einer Prostituierten aus dem Jahr 1917 in einer Mischung aus Kubismus und Surrealismus.

Doch dieses bläulich-altrosa Mischwesen mit Dreiecksgesicht unter breiter Hutkrempe ist so avantgardistisch, dass es auch von Kasimir Malewitsch oder Paul Klee stammen könnte. Kein Wunder, denn um 1900 war die klassische Moderne in vielen Hauptstädten Europas am Weg zur Abstraktion und vor allem in Wien, Prag und München mitbestimmt von einer esoterischen Note. Diese lässt in ihrer Kunstreligion auch eine Hure zum Engelswesen zwischen drei Kurven werden.

Tschechische Malerei und Bildhauerkunst ab dem Jahr 1730 bis in die Gegenwart ist derzeit durch eine Zusammenarbeit der Versicherungsanstalt Kooperativa mit der Wiener Städtischen Versicherung im Leopold Museum zu sehen. Als Kurator arbeitete Michael Zachar, die Auswahl der 120 Exponate nahmen die Direktoren vor.

Meister des Alltäglichen

Barocke Maler wie Norbert Grund und Johannes Kupecky sind auch hierzulande durch die Sammlung des Prinzen Eugen bekannt. Erstklassige Beispiele wie das schwermütig anmutende "Porträt eines sinnenden Mannes" (1730) zeigen letzteren Maler als besondere Begabung für Stimmungen.

Norbert Grund ist Meister im alltäglichen Genre und in Tageszeiten – zum goldgelben Nachmittag mit "Lustbarkeit im Schlosspark" kommt ein Nachtstück mit Kutsche von etwa 1750.

Einen breiten Raum nehmen viele hier unbekannte Maler des Stimmungsimpressionismus ein, und doch kann der Realismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch direkt in den Expressionismus münden, wie bei Ludvik Kuba oder Karel Langer.

Jugendstil als Highlight

Stadtansichten Prags malte Ferdinand Lepié um 1850, Stanislav Lolek und Josef Ullmann können mit Max Liebermann oder Tina Blau verglichen werden. Auch die Orientmode, die in Wien Leopold Carl Müller den Spitznamen "Orientmüller" einbrachte, hat in Tschechien mit Ludvìk Marold einen interessanten Vertreter.

Dazu sind Skulpturen eingestreut – neben dem bekannten Otto Gutfreund wenden František Bilek und Josef Vaclav Myslbek den Blick nach Frankreich mit Starbildhauer Auguste Rodin.

Höhepunkte finden sich in Jugendstil und Symbolismus mit František Kupka und dem populären Alfons Mucha, weniger bekannt sind dagegen die Surrealistin Toyen (Marie Cerminová) und die Namen der kubistischen Maler Capek, Bohumir Matal und Antonin Pocházka. Collagen von Jiri Kolar und Plastiken von Olbram Zoubek aus den vergangenen Jahrzehnten werden übrigens auch in Wiener Galerien gezeigt.

Grund, Mucha, Capek...

Tschechische Malerei
Aus der Sammlung Kooperativa
Leopold Museum

bis 4. Februar

http://www.leopoldmuseum.org

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Donnerstag, 27. Dezember 2007

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