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Liechtenstein Museum: Direktor tritt plötzlich zurück

18.10.2011 | 18:12 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Johannes Schneider trat Montag wegen „unüberbrückbarer Meinungsunterschiede“ zurück. Die interimistische Leitung der Geschäfte übernimmt ein Vertrauter aus den Liechtensteinischen Betrieben.

Montagnachmittag vergewisserte sich das Wiener Liechtenstein Museum noch, ob ganz sicher jemand aus der Redaktion zur für Dienstag angesetzten Pressekonferenz käme. Zwei Stunden später kam das E-Mail mit der Absage der Pressekonferenz „aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse“.

Um 22.34 Uhr dann ein nächstes E-Mail mit der Rücktrittserklärung des erst im Juni angetretenen neuen Direktors des Museums, Johannes Schneider (32), von seiner privaten E-Mail-Adresse: „Bei der geplanten Neupositionierung des Museums gab es leider unüberbrückbare Meinungsunterschiede mit dem Eigentümer. Da unter diesen Voraussetzungen eine erfolgreiche Umsetzung der aus meiner Sicht für das Haus notwendigen Maßnahmen nicht möglich ist, habe ich mich zum Rücktritt entschlossen.“ Für Interviews stehe er nicht zur Verfügung.

 

Kein detailliertes Konzept

Das klingt nach großem Krach in Wiens prächtigstem Privatmuseum. Vonseiten des Fürstenhauses Liechtenstein kamen am Dienstag klare Worte: „Der plötzliche Rücktritt von Johannes Schneider als Geschäftsführer des Liechtenstein Museums am Vorabend der Pressekonferenz war für alle Beteiligten überraschend. Da kein ausreichend detailliertes Konzept von Johannes Schneider für die Neupositionierung der beiden Häuser vorlag, konnten die von Johannes Schneider gewünschten Entscheidungen nicht getroffen werden, was zu seinem Entschluss führte, zurückzutreten.“

Die interimistische Leitung der Geschäfte übernimmt ein Vertrauter aus den Liechtensteinischen Betrieben, Erich Urban. Kehrt danach vielleicht Johann Kräftner wieder zurück in die Verwaltungsposition des Museums in der Rossau und der Museumsbaustelle Bankgasse? Seit dem Sommer konzentriert er sich als Geschäftsführer einer neu gegründeten Firma ganz auf die „internationale Betreuung und Weiterentwicklung der Fürstlichen Sammlungen“.

 

Eröffnung erst 2013

Im Gespräch mit der „Presse“, die Kräftner in Seattle erreichte, winkte er ab: „Nein, damit habe ich nichts mehr zu tun.“ Der Fürst habe die Geschäftsführung neu strukturieren wollen, die wirtschaftliche Seite in eigenen Händen sehen, „was ich sehr begrüßt habe“. Der junge Vorarlberger Schneider, der Kunstgeschichte und Wirtschaft studierte und zuvor bei Boston Consulting gearbeitet hat, wurde von Headhuntern gefunden, man habe sich „gut verstanden“, so Kräftner. „Es ist entspannend, wenn es einen für die Zahlen gibt und einen für die Inhalte.“ Die Häuser seien positioniert, für Sonderausstellungen sowieso kein Platz und Budget mehr vorgesehen.

Anscheinend einziger Wermutstropfen des schnellen Abgangs des Kurzzeit-Direktors: Aufgrund von Schneiders Umplanungen im Entree des Biedermeier-Museums Bankgasse musste ein Baustopp verhängt werden – und die Eröffnung von Herbst 2012 auf Frühjahr 2013 verschoben werden.


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