Galerien
Draußen vor der Tür
(cai) Dass man mich mit einer
Blumenkette und einem herzlichen "Aloha" begrüßen würde, hätt’ ich
sowieso nicht erwartet. Aber der Empfang in der Galerie Insam war doch
etwas kühl. Zuerst hab ich die Tür nicht aufgekriegt und natürlich hat
die Klingel nicht funktioniert. Und als ich mir den Zutritt durch meine
Hartnäckigkeit endlich ertrotzt hatte, ist mir auch noch das Gesicht
zerkratzt worden. Okay, die Kratzer waren nix Persönliches. Das war
Kunst. Der Gerold Tagwerker macht das mit allen Besuchern so.
Keine Angst, eh nur symbolisch. Er zerschneidet einem bloß das
Spiegelbild. Hat ein X brutal in den Spiegel geritzt.
Ein anderer Spiegel schaut aus wie eine Zielscheibe. Soll man da drin
seinem Thanatos begegnen? Dann die ausgehängte Tür mit der Aufschrift
"Exit": Wenn das kein Wink mit der Türschnalle ist. (Schleich di!) Äh,
welche Türschnalle ? Ich seh’ bloß einen Knauf. Und als Zugabe
wird man noch schneeblind. Weil sie also doch existiert: die absolut
weiße Wand. Das hat der Tagwerker nun nachgewiesen. (Technik: "Licht auf
weißer Wand".) Die Brechstange, die auf dem Boden friedlich wie
Dornröschen schlummert, ist freilich eine Provokation. Das Ding hätt’
ich draußen gebraucht. Was? Die kaputte Türklingel ist
überhaupt nicht Teil der Installation? Oh, vielleicht geht’s hier eh
nicht um den Kampf des Individuums mit der unmenschlichen Architektur.
Und es ist eine rein formale Auseinandersetzung mit moderner Baukunst,
deren Grundelemente (spiegelndes Glas, Licht, Raster) mit strenger
Raffinesse inszeniert werden. Ach was, die Botschaft kann trotzdem
lauten: Ein Haus ist kein Angorapullover.
Galerie Grita Insam
An der Hülben 3/Seilerstätte,
1010 Wien
Gerold Tagwerker: "zero_X", bis 6. November
Di. – Fr.:
12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Nicht nur Ohren sind sexy
(cai) Alle sind krankhaft
glücklich und chronisch jung, und zwischendurch gibt’s ein geiles
Feuerwerk. In den Männerfantasien von Maximilian Otte geht es zu wie in
Disneyworld. Nur dass eben nicht große Ohren sexy sind,
sondern große ... Herzen. Pamela Anderson oder Brooke Shields
präsentieren amerikanische Sehenswürdigkeiten (Cadillacs, Casinos,
Dollarscheine) und sind dabei angezogen wie Superheldinnen des
Kapitalismus (die also durch maßloses Schuhe- und Schmuckkaufen die
Weltwirtschaft retten). Nein, eigentlich haben sie eh fast nix an. Und
haben eine Haut wie die Venus von Botoxelli, und genauso glatt ist Ottes
Gute-Laune-Malerei (die so süffig ist, dass mir noch Minuten später die
Augen herausgehangen sind). Was will er uns mit diesem bis zur Parodie
penetranten Optimismus sagen? Vermutlich, dass nicht alles Gold ist, was
glänzt. Oft handelt es sich ja auch um Autos oder Lipgloss. Könnte er
mit dem Pinsel so etwas wie Lachyoga gemacht haben?
Galerie Wolfgang Exner
Rauhensteingasse 12, 1010
Wien
Maximilian Otte, bis 4. Oktober
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.:
11 – 17 Uhr
Schwitzen wie ein Mönch
(cai) Das ist ungefähr so, als
würde man Stunden im Bad verbringen und am Ende als Mauerblümchen
auf den Ball gehen. Thomas Mükisch nutzt für seinen
Mauerblümchen-Look die Sonnenenergie. Seine Spezialität: diskrete
Schweißflecken. Er setzt Schleifpapierpartiell der Sonne aus und
schminkt es dann mit Thermomeltkreide, die sich verflüssigt, wo sich das
Papier erhitzt hat. Heraus kommen mausgraue Taferln mit einem diffusen
dunklen Fleckerl irgendwo. Als hätte man die kostbaren Tropfen in der
Achselhöhle eines meditierenden buddhistischen Mönchs gesammelt.
Beeindruckend unspektakuläres Zen-Schwitzen.
Galerie Lindner
Schmalzhofgasse 13/3, 1060 Wien
Thomas
Mükisch, bis 1. Oktober
Di. – Fr.: 14 – 18 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 22.
September 2010
Online seit: Dienstag, 21. September 2010 18:15:00
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