VN Sa, 20.1.2007

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Kultur 

MEINUNG Aufforderung zum Schenken

VON WALTER FINK

Wenn man irgendwo auf der Welt ein großes Museum besucht, dort die ständige Sammlung betrachtet, dann sieht man, daß ein Teil der Bestände aus Schenkungen kommt. Das ist so im Kunsthaus in Zürich, das ist so im British Museum oder in der Tate Gallery in London, das ist auch so im Museum of Modern Art in New York. Und ebenso fast überall sonst. Man kann das auch bei großen Ausstellungen verfolgen: Etwa vor kurzem bei der Picasso-Schau in der Albertina, zu der Leihgaben aus der ganzen Welt, auch aus vielen Museen geholt wurden. In den Angaben zum jeweiligen Bild stand immer wieder, wer dieses Werk dem jeweiligen Museum geschenkt hatte. Gleiches bei der Londoner Ausstellung zu Auguste Rodin. Überall der Hinweis auf das leihgebende Museum und auf jene Personen, die das Kunstwerk zum Geschenk gemacht hatten. Die Museen der Welt könnten nicht leben, würden sie nicht von kunstsinnigen, aber eben auch finanzkräftigen Menschen mit entsprechenden Schätzen beschenkt werden.

Auch in Vorarlberg kann man auf Schenkungen verweisen. Das Landesmuseum macht in einer Ausstellung im März drauf aufmerksam. Anlaß ist das 150-Jahr-Jubiläum des Vorarlberger Landesmuseumsvereins, aus dem das Museum hervorgegangen ist. Historisch und kulturhistorisch wissende und interessierte Menschen, darunter auch nach Vorarlberg gekommene Industrielle wie etwa der Textilunternehmer Samuel Jenny, begannen damals, sich mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte zu befassen. Sie untersuchten erstmals auf wissenschaftlicher Ebene die römische Besiedlung in Vorarlberg, sie forschten und sie sammelten. Die daraus entstandene Sammlung war dann der noch heute wichtigste Grundstock für das Landesmuseum - die erste, die bisher wohl auch wichtigste Schenkung.

Nun wird das Landesmuseum "Die schönsten Schenkungen" zeigen. Und bei Durchsicht der Bestände zeigte sich offensichtlich, daß die neuere Zeit nicht ausreichend präsent ist. So verfiel der Direktor des Museums, Tobias Natter, auf eine einigermaßen ausgefallene Idee. Er schrieb an wenige ausgewählte Künstler und stellte die Frage, ob sie nicht bereit wären, dem Museum eine repräsentative Arbeit zu überlassen. Sie wären dann auch - sicher nicht zu ihrem Nachteil - in der kommenden Ausstellung damit vertreten. Dieser Brief machte die Runde - und sorgte auch für Aufregung. Denn warum, so war die Überlegung, sollten eigentlich Künstler dem Museum, also der Öffentlichkeit, eine Schenkung machen? Umgekehrt wäre doch eigentlich der richtige Vorgang. Eine Öffentlichkeit müßte dazu schauen, daß sie von den wesentlichen Vertretern der Kunst entsprechende Arbeiten aus den verschiedenen Schaffensperioden ankauft, um sie auch für die Zukunft in ihrer Sammlung zu haben. Künstler sind ja bekanntermaßen nicht so mit finanziellen Mitteln gesegnet, daß sie Schenkungen machen können. Und schon gar nicht sollte es so sein, daß jene in den öffentlichen Sammlungen vertreten sind, die solche Schenkungen machen können. Das würde ja bedeuten, daß man sich in die Sammlung des Landesmuseums einkaufen könnte - auf weitere Sicht gedacht wäre das eine Verfälschung der kunsthistorischen Wahrheit. Und nicht zuletzt: Ein Brief des Direktors des Vorarlberger Landesmuseums erzeugt Druck - ob er das will oder nicht. Schließlich will kein Künstler mit dem Direktor ein schlechtes Verhältnis. Also gibt man halt etwas, wenn der Wunsch so nachhaltig geäußert wird.

Zur Klarheit: Ein Museum kann sich durchaus um Schenkungen bemühen. Das ist ein heute wahrscheinlich sogar notwendiger Weg. Die Ansprechpartner solcher Wünsche dürfen aber nicht die Künstler sein. Dazu gibt es Institutionen, gibt es Unternehmen, gibt es auch Familien, die sich einen Platz in den Säulenhallen der Museen sichern wollen. Das ist ehrenhaft, das ist auch im Sinne der Sache sinnvoll. Aber die Künstler möge man verschonen. Zumindest in Zukunft.

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Die Meinung des Gastkommentators muss

nicht mit jener in der Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint

sie in der alten Rechtschreibung.




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